Reaktionen zum Wechsel von Sonja Anders ans Thalia Theater Hamburg
Die Nachricht am Mittwoch kam unerwartet: Sonja Anders, seit 2019 Intendantin des Schauspiels Hannover, wird ab 2025/26 die Leitung des Thalia Theaters in Hamburg übernehmen. Wie wird das in der Theaterszene Hannovers aufgenommen?
"Ich habe mir noch einmal eine neue Herausforderung gewünscht", begründet die 57-jährige, gebürtige Hamburgerin ihren Wechsel nach Hamburg. Die Regie ihrer ersten Spielzeiteröffnung 2019/20 in Hannover vergab sie an eine Frau. Ihr Ensemble setzte sie divers und zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen zusammen, die Zusammenarbeit von Stadttheater und freier Szene baute sie aus. Für Inka Grund, Sprecherin der Kooperative Freies Theater Hannover, einem Zusammenschluss von 14 freien Ensembles, ging es seit dem Start von Sonja Anders in Hannover bisher in die richtige Richtung. "Ich fand es toll, dass wir mit Sonja Anders eine Frau in dieser Leitungsposition hatten und sie in der Freien Szene auch immer als eine erlebt haben, die uns mit großer Offenheit mitgedacht hat. Da kann ich nur sagen, dass ich das sehr bedaure."
Wechsel von Sonja Anders: Verlust für Hannover
Auch für Anna Mülter, die gerade ihre dritte Ausgabe des internationalen Theaterfestivals "Theaterformen" vorbereitet, ist Sonja Anders Wechsel nach Hamburg ein Verlust. Schließlich habe die Intendantin des Schauspiels Hannover für mehr Teilhabemöglichkeiten im Haus gesorgt. Im Bürotrakt wurden etwa genderneutrale und barrierefreie Toiletten eingebaut und somit nicht nur für das Publikum, sondern auch für die Mitarbeitenden mitgedacht. Gelebte Teilhabe vor und hinter der Bühne:
"Das ist das große Problem, was Stadt- und Staatstheater oft haben, dass Strukturen, die auf der Bühne kritisiert werden, gleichzeitig hinter der Bühne in hierarchischen und autoritären Strukturen reproduziert werden. Das ist das, was Sonja Anders mit ihrem Team ganz bewusst anders lebt. Sie steht für mich für diese wichtige Transformation und für eine Institution, die das auch in der Praxis umsetzt", so Mülter. Beide Theatermacherinnen freuen sich über Sonja Anders' Erfolg, die Leitung einer renommierten Bühne wie dem Thalia-Theater in Hamburg zu übernehmen.
Auszeichnung für Hannover
Friedrich Kahre, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde des hannoverschen Schauspielhauses, findet, dass dabei auch ein gutes Licht auf Hannover fällt. "Die Tatsache, dass nun eine Bühne wie das Thalia in Hamburg sie unter Vertrag nimmt, ist letztlich auch eine Auszeichnung für Hannover. Dass unsere Intendantin so gute Arbeit macht, dass man das in Hamburg wahrgenommen hat und gesagt hat: Kommen Sie zu uns, wir bieten Ihnen was an."
Verzahnung von Schauspiel und Oper
Das Konzept, Schauspiel und Oper stärker zu verzahnen, erprobte Sonja Anders zusammen mit ihrer zeitgleich angetretenen Kollegin Laura Berman von der Staatsoper: Bei einer Uraufführung zum Thema NSU-Prozess sprachen Sänger und Schauspieler sangen. Zwischen beiden Intendantinnen gibt es einen intensiven Austausch. Das sei auch schon dem Ministerpräsidenten aufgefallen, sagt Laura Berman. "Irgendwann waren wir bei einer Veranstaltung, da hat Stephan Weil zu uns gesagt: 'Sie kommen immer im Doppelpack.' Und ich glaube, dass man die Staatstheater als eine Institution stärker identifiziert."