Trauer um Margit Carstensen: Fassbinder-Star mit einzigartiger Aura
Die Schauspielerin Margit Carstensen ist tot. Sie starb am Donnerstag im Alter von 83 Jahren in Heide. Mit Filmemacher Rainer Werner Fassbinder drehte sie unter anderem "Martha". In den vergangenen Jahren machten Carstensen Gesundheitsprobleme zu schaffen.
Fassbinders Film "Martha" hat Margit Carstensen 1974 berühmt gemacht. Sie spielt darin die gedemütigte Ehefrau eines herrschsüchtigen Tyrannen, dargestellt von Karl-Heinz Böhm. Rätselhafte Frauen, gefangen in Machtspielen, mit großen Emotionen - Rollen, die sie vor allem auch für Rainer Werner Fassbinder immer wieder übernahm.
Geboren wurde Carstensen am 29. Februar 1940 in Kiel, dort wuchs sie auch auf. Schauspiel lernte sie an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg, wo sich ihr eine Welt erschlossen habe und sie sich selbst aufschließen musste, wie sie es einmal formulierte. Nach Stationen an verschiedenen Theatern wie dem Hamburger Schauspielhaus, wo sie von 1965 bis 1969 zum Ensemble gehörte, wechselte sie 1969 nach Bremen.
Fassbinder-Rollen in den 1970er-Jahren
Hier lernte sie den Theaterautor und Filmemacher Fassbinder kennen. Sie galt als Muse des Regisseurs, der sie immer wieder besetzte. Mit ihm drehte sie zahlreiche Filme wie "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1972), "Martha" (1974) und "Chinesisches Roulette" (1976).
Leicht war die Zusammenarbeit mit ihm nie, wie Carstensen in einem Interview mit ARTE 2015 erzählte: "Einmal hat er mich zum Beispiel damit verunsichert, dass er mir einen langen neuen Text gegeben hat, unmittelbar vor dem Drehen, den ich in Minuten erfassen, also auswendig lernen sollte ... Das kann man so schnell ja gar nicht. Da ist man in einen Zustand versetzt, den kann man gar nicht erspielen, den erleidet man fürchterlich."
Filme mit Schlingensief und Haußmann
Auch die Regisseure Christoph Schlingensief und Leander Haußmann besetzten Rollen gern mit der gebürtigen Kielerin. In "100 Jahre Adolf Hitler - Die letzte Stunde im Führerbunker" (1989) von Schlingensief verkörperte Carstensen Magda Goebbels. 1999 drehte sie mit Haußmann die Ex-DDR-Komödie "Sonnenallee", in der sie eine leicht verbissene Schuldirektorin spielte. Hier konnte sie ihre komödiantische Seite zeigen.
2016 arbeitete Margit Carstensen zum letzten Mal in einer TV Produktion. Im Bodensee-Tatort "Wofür es sich zu leben lohnt" ist sie mit Eva Mattes, Irm Hermann und Hanna Schygulla zu sehen, drei Kolleginnen, die auch regelmäßig mit Rainer Werner Fassbinder gearbeitet haben. In der Rolle der Margarete gehört sie einem kuriosen Trio alter Frauen an, die unter Mordverdacht stehen.
Götz-George-Preis für ihr Lebenswerk
2019 wurde Margit Carstensen in Berlin mit dem Götz-George-Preis für ihr Lebenswerk geehrt. Zuletzt lebte sie viele Jahre lang zurückgezogen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Heide. Nachdem ihr Ehemann gestorben war, blieb sie allein mit ihren Hunden. Schon seit längerer Zeit konnte sie wegen gesundheitlicher Probleme keine Rollen mehr übernehmen. Seit Jahren litt die starke Raucherin an einem Lungenemphysem, das ihr das Atmen schwer machte.