Schauspieler Peter Kurth: "Ich fordere das Publikum sehr gern"
Der gebürtige Güstrower Peter Kurth erzählt bei NDR Kultur á la carte über Theaterarbeit in Hamburg und Berlin, von Filmrollen in "Good Bye Lenin", "Babylon Berlin" und in der Serie "Polizeiruf 110" sowie von der NDR Hörspielserie "Am Schlick".
Der Name Peter Kurth sagt vielleicht nicht jedem sofort etwas. Doch wer ein Bild des in Goldberg aufgewachsenen Schauspielers sieht, denkt dann mit Sicherheit: "Ach, der!" In den ersten beiden Staffeln von der ARD-Erfolgsserie "Babylon Berlin" war er dabei, für das Kinodrama "Herbert" bekam er die Goldene Lola. Er spielte mit Daniel Brühl in dessen Regiedebüt "Nebenan", ist "Polizeiruf 110"-Kommissar, dreht außerdem viel international. Und hatte zwischendurch sogar noch Zeit für das NDR Hörspiel "Am Schlick". Interviews hingegen gibt Peter Kurth nicht so gerne. Doch Katja Weise hatte Glück.
Peter Kurth dreht Film mit Agnieszka Holland über Kafka in Österreich
Er kommt mit dem Motorrad. Ganz in schwarz. Fehlt nur noch die Lederjacke. Wie gut er die tragen kann, hat Peter Kurth als Bruno Wolter in "Babylon Berlin" gezeigt, als an ALS-erkrankter Boxer "Herbert", und auch für Hauptkommissar Henry Koitzsch ist dieses Kleidungsstück unverzichtbar. Aber es ist sehr warm an diesem Frühlingstag in Berlin. Kurth ist nur kurz in der Stadt. Er dreht gerade unter anderem mit der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland in Österreich - einen Film über den Schriftsteller Franz Kafka.
Angebote wie diese verdankt er Bruno Wolter: Die Serie "Babylon Berlin" war sein internationaler Durchbruch. Er kam spät, aber mit Macht. "Dadurch sind sehr viel schöne Arbeiten entstanden, ich habe in Südafrika gedreht, ich habe in Moskau gedreht, ich habe letztes Jahr gerade mit den Dänen gedreht, jetzt mit den Österreichern, wenn man das als Ausland nehmen will", erzählt er lachend.
Prägende Erfahrung: "Liliom" am Thalia Theater Hamburg
Für das Theater, hier hat der gebürtige Mecklenburger angefangen und viele große Rollen gespielt, bleibt da kaum noch Zeit. Zu den prägenden Erfahrungen gehört "Liliom" am Hamburger Thalia Theater. Kurth spielte in der Inszenierung von Michael Thalheimer die Titelrolle.
Sie spaltete das Publikum und riss den ehemaligen Ersten Bürgermeister Klaus von Dohnanyi zu dem inzwischen legendären Ausruf hin: "Das ist doch ein anständiges Stück, das muss man doch nicht so spielen." Eine Sternstunde, sagt Kurth, er wolle gar nicht "gefallen": "Sagen wir mal so, ich fordere das Publikum sehr gern, weil ein gefordertes Publikum ist ein aktiveres als eines, das etwas 'Schönes' vorgespielt bekommt. Der Herr von Dohnanyi ist nach Hause gegangen und hat diesen Abend nicht vergessen. Da setzen wir uns auseinander!"
Zusammenarbeit mit Clemens Meyer und Thomas Stuber
Wichtig ist dem 67-jährigen Schauspieler außerdem stets der politische Kontext. Hier sieht er sich besonders in der Verantwortung als einer, der die Wende aus ostdeutscher Perspektive erlebt hat. Viel hat er deshalb in den vergangenen Jahren mit dem Schriftsteller Clemens Meyer und dem Filmemacher Thomas Stuber zusammengearbeitet. Sie erzählen im Kinofilm "Herbert" oder den "Polizeiruf"-Folgen aus Halle Geschichten von heute und schlagen dabei immer den Bogen in die Vergangenheit. Er arbeite jetzt "mit vielen jungen und jüngsten Kolleginnen und Kollegen, wo das Wissen ein anderes ist und die darin auch gar keinen Mangel sehen. Weil das Schulsystem mit der jüngeren Vergangenheit nicht genug umgeht, aufklärt."
Deshalb war Kurth auch gerne bei der NDR Hörspielserie "Am Schlick" von Lars Werner und Marcel Raabe dabei. Sie spielt im krisenhaften Hafenmilieu in Mecklenburg-Vorpommern: Es sei zwar "eine fiktive Geschichte, aber sie hat doch sehr mit der Realität tun." Seine Mutter und sein Bruder lebten noch in Mecklenburg, erzählt Kurth. "Wenn ich dorthin fahre, bekomme ich viel mit. Die Kluft zwischen den neuen und den alten Bundesstaaten ist natürlich nach wie vor da. Damit hat dieses Hörspiel sehr viel zu tun."
Hörspielserie "Am Schlick":"Anspruchsvollste Arbeit, die ein Schauspieler machen kann"
Beispielhaft ist in "Am Schlick" zu erleben, wie Biografien aufeinanderprallen. Peter Kurth, ein Mann mit durchaus massiver Statur, die er auf der Bühne und im Film geschickt und konzentriert einzusetzen weiß, schätzt die Arbeit nur mit der Stimme: "Das ist die anspruchsvollste Arbeit, die ein Schauspieler machen kann. Weil einem etwas genommen wird und dann fehlt. Und das versucht man dann wett zumachen, indem man andere Dinge dazunehmen will, findet aber keine. Da in der Konzentration zu bleiben ist sehr spannend." Nach dem Gespräch muss er dann schnell los. Das Enkelkind wartet.