NDR Doku zeigt Machtmissbrauch in der Theater- und Filmbranche
"Gegen das Schweigen - Machtmissbrauch bei Theater und Film" ist das Ergebnis von Gesprächen mit mehr als 200 Menschen aus der Theater- und Filmbranche. Die Doku steht jetzt in der ARD Mediathek und läuft am 11. März ab 22 Uhr im NDR Fernsehen.
Manuel Bräuer ist Schauspieler. Er beschreibt die Arbeit mit dem österreichischen Regisseur und Schauspieler Paulus Manker: "Es ist wirklich fast jede einzelne Regieanweisung gebrüllt. Es wird Leuten ins Gesicht gebrüllt, immer mit Beleidigungen dabei: Stell dich dahin, du Arschloch! Verstehst du das nicht? Du bist wieder zu dumm, um das richtig zu machen."
Doch es geht nicht nur um verbale Angriffe. Einige Darstellende berichten auch von körperlichen Übergriffen. "Er schaut mich wütend an und kommt mit hochrotem Kopf auf mich zu. Er kommt auf mich zu vor allen Leuten, holt mit der Faust aus und - volle Kanne aufs Ohr", berichtet Nikolaus Firmkranz. "Ich hab dann die Szene abgebrochen, hab heulend meinen besten Freund angerufen. Ich habe nicht geheult, weil es jetzt so sonderlich weh getan hat, sondern weil es einfach extrem erniedrigend war."
Paulus Manker: Enfant Terrible der Theaterszene
Drei Jahre lang haben die NDR-Reporterinnen Zita Zengerling und Kira Gantner zu Machtmissbrauch bei Theater und Film recherchiert. Sie haben sich gefragt, warum gerade diese Branche immer wieder Skandale produziert. Dafür haben sie mit mehr als 200 Menschen gesprochen. Bei einigen Fällen haben sich die Autorinnen entschieden, die Namen der mutmaßlichen Täter zu nennen.
Beim Regisseur Paulus Manker fällt auf, dass offenbar schon sehr lange bekannt ist, wie er sich verhält. Über seinen Ruf als sogenanntes Enfant Terrible scherzt er unverhohlen öffentlich - wie in der ORF-Sendung "Willkommen Österreich" am 27. März 2018.
ORF: "Die Schauspielerinnen, die mit dir gearbeitet haben, berichten davon, dass es fantastisch war, dass es viele blaue Flecken gibt."
Paulus Manker: "Nur auf der Seele"
ORF: "Auch an den Armen"
Paulus Manker: "Metoo ist an mir spurlos vorüber gegangen"
Ausschnitt aus "Willkommen Österreich" am 27. März 2018
Bei seinen Theater-Produktionen tritt Paulus Manker de facto als Veranstalter, Arbeitgeber und Regisseur auf und spielt selbst mit. Wer bei ihm spielt, muss zuvor restriktive Verträge unterschreiben, dadurch wird es sehr schwer wieder auszusteigen. Die Schauspielerin Anna Werner Friedmann beschreibt das so: "Es gibt nur Paulus Manker, der über allem thront, schwebt, herrscht und man macht, was er will."
Die Autorinnen fahren schließlich zu einer Vorstellung von Paulus Manker nach Österreich, um mit ihm über die Vorwürfe zu sprechen. Der Regisseur lehnt ein Interview ab. Sein Anwalt schreibt, dass seine Mandantschaft auf offensichtlich provokative Anfragen nicht antworten werde und kündigt eine Rufschädigungsklage an.
Ein System, das Täterinnen und Täter schützt
Die Reporterinnen sprechen mit Zuschauerinnen und Zuschauern, die meinen: "Schauen Sie, man kann nur eine Seite der Medaille sehen, man ist selbst nicht dabei, man kennt Sachverhalte nicht genau und .. there is no biz like Showbiz." Gibt es wirklich für das Showbiz andere Regeln? Der Schauspieler Werner Wultsch sieht das anders: "Da geht es um Arbeitsverhältnisse, die einfach nicht in Ordnung sind, die menschenunwürdig sind."
Die Dokumentation zeigt mehrere neu recherchierte Beispielfälle aus der Theater- und Filmbranche und führt all diese Berichte zusammen zu einem grundlegenden Befund über die Branche. Es geht um ein System, das zu oft Täter und Täterinnen schützt, dadurch Machtmissbrauch ermöglicht und so immer wieder neue Skandale hervorbringt. Am Ende des Films steht die Frage, wie viel Verantwortung die Täter oder Täterinnen für den Machtmissbrauch tragen und wie viel Verantwortung bei Geldgebern, Produktionsfirmen, Sendern und dem Publikum liegt.
Die Doku steht in der ARD Mediathek und läuft am 11. März ab 22 Uhr im NDR Fernsehen.