Matinee in Schwerin erinnert an Theatermann Christoph Schroth
Am Sonntag ist mit einer Matinee im Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin an den im September verstorbenen Theatermann Christoph Schroth erinnert worden. Schauspielerinnen und Schauspieler des derzeitigen Ensembles präsentierten Ausschnitte aus aktuellen Inszenierungen, Weggefährten würdigten ihren Entdecker, Regisseur und Freund.
Regisseur Christoph Schroths Inszenierungen haben das Publikum aus der ganzen DDR, aber auch aus der alten Bundesrepublik förmlich nach Schwerin pilgern lassen: Ob "Faust" mit beiden Teilen an einem Abend, die "Antiken-Entdeckungen", "Die Dreigroschenoper" oder der FDJ-Liederabend - diese und viele andere Theaterabende machten das Mecklenburgische Staatstheater vor allem in den 80er-Jahren zu etwas ganz Besonderem. Die Schweriner Theaterleute machten sich nach und mit ihren Erfolgen auf die Reise: sie gastierten in Frankreich, Österreich, Griechenland und der Bundesrepublik.
Christoph Schroth war "Entdecker und Förderer"
Ulrike Krumbiegel kam direkt 1982 von der Schauspielschule nach Schwerin. Christoph Schroth suchte für die "Antiken-Entdeckungen" eine Iphigenie. "Ich betrachte ihn vom Theater her als meinen Entdecker, dann Förderer und einen, der ein bisschen schützend die Hand über Leute legen, die das mal brauchen", erzählt sie. "Als ich dann vorfreudig, aber auch mit wehem Herzen wegging, durfte ich aber noch weiter bis 1989 'Antiken-Entdeckungen' spielen."
"Er war der Vater im Theater"
Wie Ulrike Krumbiegel, die später am Deutschen Theater engagiert war, erhielt Nadja Engel ihr erstes Engagement am Mecklenburgischen Staatstheater. "Er hat einfach gut junge Menschen entdeckt, vor allem Frauen", sagt sie. "Die hat er gefördert. Ich habe immer gesagt, er war für mich der Vater im Theater. Ich habe ihn verehrt, ich habe auch bis zum Schluss Herr Schroth gesagt. Es war seine Denke, sein Fühlen und vor allem: Das Wichtigste war das Publikum."
"Er hat mir das Tor geöffnet"
Der gebürtige Schweriner Thomas Harms kannte das Theater zunächst so wie jeder andere - als Besucher. "Dann kam Christoph Schroth dazwischen mit seinen Entdeckungen und ich lernte das Theater lieben", erinnert er sich. "Ich bin jeden Abend ins Theater gegangen. Letztlich hat er mir das Tor dazu geöffnet, dadurch, dass ich erfuhr, dass man Schauspiel studieren kann. Der nächste Zufall war, dass er mit uns als Studenten in Berlin gearbeitet hat. Und der nächste Zufall war dann, dass er mich ans Schweriner Theater, wo ich als Zuschauer schon war, mitgenommen hat und ich dann plötzlich mit meinen wunderbaren Kollegen auf der Bühne stand." Nach seinen Schweriner Jahren arbeitete Thomas Harms noch weitere zehn Jahre mit Christoph Schroth am Cottbusser Theater zusammen.
"Es war immer was los mit Christoph"
Auch die Witwe von Christoph Schroth - Barbara Bachmann - war zur Matinee nach Schwerin gekommen. Beide hatte sich in den 70er-Jahren hier kennengelernt. "Er war sehr verrückt, sehr zärtlich. Es war immer was los mit Christoph", sagt sie. "Hier hat es angefangen mit uns, es berührt auch einen, wenn man das Theater betritt und die Kollegen alle sieht. Als er jetzt gestorben ist, das war sehr berührend für mich, weil sie mich alle angerufen haben. Man merkte das Band, das er um uns alle in all den vielen Jahren gewoben hat - und das wir nicht verlassen haben - aus zwei Ensembles, aus Schwerin und aus Cottbus."
Barbara Bachmann - die Mutter des Regisseurs Andreas Dresen - erlebte Christoph Schroth als Ehemann, Regisseur und Schauspieldirektor. "Als wir die großen Auslandsgastspiele machten, da war das was sehr Besonderes, was alle sehr genossen und geschätzt haben“, erinnert sie sich. "Chrissie hat immer versucht, uns aus der geistigen Enge und auch aus der örtlichen Enge der DDR zu bringen. Er hat versucht, das Ensemble nach außen zu bringen."
"Er war mein Vorbild, auch was die Haltung betrifft"
Sewan Latchinian - heute Künstlerischer Leiter der Hamburger Kammerspiele - arbeitete mit Christoph Schroth als Schauspieler, Regisseur und Intendant zusammen. "Ich verdanke ihm seit fast 40 Jahren alles. Er war mein Vorbild, auch was die Haltung betrifft: Wo man ist, ist keine Provinz. Ich denke, das habe ich in Senftenberg auch gut weiterentwickeln können. Und schönerweise konnte ich ihn da als Regisseur einladen und er hat sieben Mal unter meiner Intendanz in Senftenberg gearbeitet und auch seine letzte Inszenierung dort gemacht."
Und Sewan Latchinian brachte eine grüne Glasscherbe mit. Die gehörte vor Jahrzehnten zu einer Sektflasche, die Christoph Schroth vor dem Berliner Ensemble zerschlagen hatte, als Beweis und Erinnerung für das erste Theater-Engagement des jungen Sewan Latchinian.
Wegbegleiter und Kollegen, Freunde und Theaterbesucher würdigten in einer wunderbaren Matinee im Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin mit viele Anekdoten einen großen Theatermann: Christoph Schroth.