Cordula Stratmann fragt: "Wo war ich stehen geblieben?"
Ihr Humor ist unverwechselbar, ihre positive Haltung zum Leben ebenso: Cordula Stratmann. Bekannt ist sie als Komikerin genauso wie als Schauspielerin in Fernseh- und Kinoproduktionen. Außerdem ist sie Buchautorin und schreibt aus dem Leben.
Auch als Buchautorin hat Cordula Stratmann sich mit Büchern wie "Ich schreibe, aber lesen müssen Sie selbst" oder "Danke für meine Aufmerksamkeit" einen Namen gemacht. In ihrem neuen Buch "Wo war ich stehen geblieben?" grübelt sie über die großen Lebensfragen, seziert Politisches, Alltägliches und immer wieder Menschliches. Ihre Erfahrungen als konfliktgestählte Familientherapeutin, leidenschaftliche Mutter und originelle Komikerin schwingen dabei immer wieder mit. Über den Ernst des Lebens, die wunderlichen und bemerkenswerten Dinge unseres Daseins spricht Cordula Stratmann mit Annemarie Stoltenberg in NDR Kultur à la carte.
In Ihrem Buch "Wo war ich stehengeblieben?" behandeln Sie so schöne Begriffe wie Achtsamkeit, Würde, Warten und Rucksäcke. Sind das Themen, zu denen Sie sich täglich eine kleine Notiz machen und ein paar Gedanken aufschreiben?
Cordula Stratmann: Ja, ich gehe eigentlich seit meiner Kindheit beobachtend durch diese Welt und verarbeite das Zeug in mir, entweder zu ernsthaften Schlüssen oder zu lustigen Stupsern. Ich bin, glaube ich, damit schon auf die Welt gekommen. Ich kann das gar nicht beeinflussen, das ist bei mir angelegt. Ich schreibe mir das immer auf, egal ob als Kind, als Jugendliche oder als Erwachsene. Nun habe ich diesen schönen Beruf, dass ich Bücher veröffentlichen kann, was ich sehr schön finde. Dann kann ich mich mit den Gedanken auch noch an andere Menschen wenden, nicht nur an mich oder Freunde. Ich hatte jetzt eine längere Zugreise und dann füllt sich sofort mein Notizbuch und da geht es nicht um die Deutsche Bahn und Verspätungen, sondern um das Sammelsurium an Menschelei. Man nimmt mittendrin Platz, schaut sich um und hat viel viel aufzuschreiben, wenn man andere Menschen anschaut. Ich mache das nicht zynisch, darum geht es mir gar nicht. Ich habe überhaupt gar keine Freude an Schadenfreude, Zynismus oder Abwertungen. Ich finde uns Menschen einfach sagenhaft seltsam.
Beobachten Sie als systemische Familientherapeutin eine Veränderung in unserer Gesellschaft, die aus meiner Sicht mehr und mehr Druck ausgesetzt ist?
Stratmann: Ja, genau das ist der Grund, warum es eine Veränderung in der Gesellschaft gibt.
Wie äußert sich die?
Stratmann: Durch unerbittliche Unversöhnlichkeit, zu der sich die Menschen leider in immer größerer Zahl entscheiden, weil sie behaupten, das sei die beste Lösung, um sich die anderen vom Leib zu halten. Das sind lauter Trugschlüsse, mit denen wir uns immer weiter in ein Gegeneinander entwickeln. Das ist unter anderem ein Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe, weil ich gerne Ideen aufzeigen möchte, wie wir miteinander wieder in Verbindung geraten können. Ich möchte überhaupt anregen, dass die Notwendigkeit erklärt wird, dass wir Verbindung miteinander brauchen, weil wir sonst nicht ohne die Anderen zurechtkommen in dieser Welt. Ohne Ambivalenz, ohne Großzügigkeit, ohne Heiterkeit, ohne Selbstdistanz, ohne Selbstreflektion, ohne die Dinge werden wir kein schönes Leben haben.
Das Gespräch führte Annemarie Stoltenberg.