Bedeutung des Musicals "Der geteilte Himmel" nach Christa Wolf
Das Musical "Der geteilte Himmel" erlebt am Freitag am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin seine Uraufführung. Es basiert auf einer frühen Erzählung von Christa Wolf, die 1963 damit für viel Furore sorgte.
1964 wurde die Geschichte von Konrad Wolf verfilmt. Bis heute ist "Der geteilte Himmel" ein Meilenstein der DDR-Literatur, der Christa Wolf in Ost wie West zum Durchbruch verhalf. Die Erzählung war ein Buch der Stunde: Voller Aufbruch und voller Hoffnung. So schätzt es Jürgen Deppe, aus der NDR-Literaturredaktion ein. "Der Zweite Weltkrieg war noch keine 20 Jahre her und die Gründung der DDR keine 15 Jahre - das verkörperte dieses ungleiche Liebespaar, was Viele so empfanden." Da war einerseits Rita, 19 Jahre alt, ein Mädchen vom Lande, das Lehramt studieren durfte und für den Aufbau des Sozialismus freiwillig in einem Waggonwerk arbeitete. Dann gab es noch Manfred, 29 Jahre alt, promovierter Bildungsbürger und Technokrat, der alles Ideologische verhöhnte und die erstbeste Gelegenheit nutzt, um in den kapitalistischen Westen zu gehen. Der gemeinsame Himmel, unter dem die beiden leben, wird spätestens mit dem Mauerbau 1961 zum geteilten Himmel. Denn Rita entscheidet sich für die DDR und den Traum eines neuen und besseren Deutschlands, den sie für Viele zu der Zeit noch darstellte. "Das Publikum hat diese Erzählung im Osten seinerzeit begeistert, weil sich viele in Rita wiedererkannten. Im Westen war das Publikum begeistert, weil das zum ersten Mal ein richtig gut lesbares Stück Literatur "von drüben" war."
"Der geteilte Himmel" ist ein Stück Zeitgeschichte
"'Der geteilte Himmel' ist ein Stück Zeitgeschichte und heute, 60 Jahre später , längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Als Frühwerk wirft es auch ein schräges Licht auf Christa Wolf, die in ihren späteren Werken wie 'Nachdenken über Christa T.', 'Kein Ort, nirgends', 'Störfall' oder andere eine deutlich kritischere Haltung gegenüber dem Realsozialismus eingenommen hat. Sie hat den Sozialismus nie als Ganzes in Frage gestellt, hat sich zum Beispiel auch bei der berühmten Kundgebung im Herbst 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz für eine Reform des Sozialismus stark gemacht, nicht aber für dessen Überwindung. Aber diesen fast schon naiven Zukunftsglauben aus dem 'geteilten Himmel', den hatte sie da nicht mehr", erläutert Jürgen Deppe, aus der NDR-Literaturredaktion.
Warum wird Stück zum Musical?
Das Stück "Der geteilte Himmel" werde zum Musical, weil zwei Liebende in Ost und West, nicht zueinander kommen können, weil die Mauer zu hoch ist. "Das hat zuletzt als Musical in Berlin mit Udo Lindenbergs 'Sonderzug nach Pankow' wieder funktioniert und für verschärften Taschentuch-Gebrauch gesorgt, das wird auch in Schwerin funktionieren."
Bild von der DDR
"Ich könnte mir vorstellen, dass die Inszenierung weder in Ostalgie verfällt noch die frühere Konfrontation von Sozialismus und Kapitalismus entstaubt. Das ist in den vergangenen Jahren sowieso eher zum Maßstab der Literatur über die DDR geworden: Das wird weder in Eugen Ruges 'In Zeiten des abnehmenden Lichts', in Uwe Tellkamps 'Turm', oder zuletzt in Jan Faktors 'Trottel' Sternstaub über den DDR-Alltag gestreut noch das Bild des großen grauen Gefängnisses gezeichnet, in dem Totalüberwachung und fürchterliches Unrecht herrschten. So war die DDR nie und auch das Erbe des heutigen Ostens wird nicht so gesehen." Das wird der Leipziger Literaturwissenschaftler Dirk Oschmann im Februar auch in seinem neuen Buch beschreiben: "Der Ost - eine westdeutsche Erfindung". Aktuell verweigert sich die aktuelle Literatur dieser Erfindung aus dem Osten - zum Glück.