"Und Großvater atmete mit den Wellen": Die Wunden der Kriegsgeneration
Trude Teige erzählt eine unglaublich ergreifende Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine Spurensuche zum Schicksal einer Gruppe von Norwegern, die 1943 in japanische Gefangenschaft gerieten.
Es beginnt zunächst ganz sanft mit den Erinnerungen an einen liebevollen Großvater, der seiner Enkeltochter eine wichtige Lebensregel mitgeben möchte:
"Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im gleichen Rhythmus", sagte er. "Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen."
Ich fragte mich, woher er so etwas wusste, doch wenn ich ihn fragte, sagte er nur lächelnd, dass er das schon vor langer Zeit von jemandem gelernt habe.
Leseprobe
In japanischer Kriegsgefangenschaft
Was der Großvater der Ich-Erzählerin tatsächlich im Zweiten Weltkrieg erlebt hat, konnte man unmöglich einem Kind erzählen. Er war als Seemann mit einem norwegischen Handelsschiff im Indischen Ozean unterwegs und wurde von einem japanischen U-Boot beschossen und dann gefangen genommen:
Der Kapitän war hart im Nehmen, doch als er auf das Deck des U-Bootes gehievt wurde, schrie er vor Schmerzen. Danach rief der japanische Offizier erneut etwas. Dieses Mal wollte er wissen, wer der erste Steuermann war. Niemand antwortete. Der Einzige, der Offiziersuniform trug, war der zweite Steuermann. Der Japaner deutete mit einem Revolver auf ihn und gab ihm zu verstehen, dass er an Bord des U-Bootes kommen sollte. (…) Sverre Bjerke saß still da. Eine Gefangennahme durch die Japaner bedeutete den sicheren Tod. Er hatte genügend Geschichten darüber gehört, wozu sie imstande waren. Leseprobe
Die Brüder Konrad und Sverre werden nach Java in ein Gefangenlager der Japaner gebracht und erleben bis zum Kriegsende unfassbare Grausamkeit und unendliche Hilfsbereitschaft und Liebe im Krankenhaus des Lagers. Ohne Angst sich selbst in Gefahr zu bringen, helfen Häftlinge sich gegenseitig und sind fähig zu Gesten großer Nächstenliebe und Menschlichkeit.
Es hat diese Lager während des Krieges gegeben und die Autorin Trude Teige hat für ihren Roman Tagebücher von Krankenschwestern, die dieses Grauen überlebt haben, ebenso wie zahlreiche historische Quellen studiert, um diese Geschichte so wahrhaftig wie möglich erzählen zu können.
"Und Großvater atmete mit den Wellen": Ein Roman der Türen öffnet
Als der Krieg vorbei war, sind sich Konrad und Trude Teiges Großmutter, die auf der Flucht nach Hause ein kleines Mädchen namens Lilla in einer Kinderkarre dabei hatte, begegnet.
Lilla war meine Mutter. Als sie starb, wusste ich nicht, dass mein Großvater nicht ihr biologischer Vater war. Die Wunden in den Seelen meiner Großeltern sind nie ganz verheilt (…). Durchlebte Traumata prägen Menschen und wenn nie darüber gesprochen wird, auch die kommenden Generationen. Leseprobe
Heißt es im Nachwort der Autorin. Ich fürchte, auch das Sprechen darüber kann nicht jede Wunde heilen lassen. Aber es hilft vielleicht auch, die ein oder andere Wunderlichkeit der Kriegsgeneration zu verstehen. Es ist nicht leicht. Aber ein Roman wie dieser öffnet Türen, durch die wir heute zum besseren Verständnis gehen können.
Und Großvater atmete mit den Wellen
- Seitenzahl:
- 416 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob
- Verlag:
- S. Fischer
- Bestellnummer:
- 978-3-949465-14-7
- Preis:
- 24 €