The Song of the Line
Berühmt ist der Künstler Stephan von Huene für seine klingenden Skulpturen. 2010 zeigte eine Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle eine neue Seite des Künstlers: Seine Zeichnungen. Zusammengefasst werden sie in dem gerade erschienenen Bildband "The Song of the Line", den Martina Kothe vorstellt.
Sie klingen skurril, seine Musikmaschinen, wie zum Beispiel der "Kaleidoskop dog". Doch auch seine Linien auf Papier haben einen Klang. Daher ist der Titel "The Song of the Line", der Gesang der Linie, mit Bedacht gewählt. Hubertus Gaßner, der Leiter der Hamburger Kunsthalle, schreibt in seinem Vorwort: "In dieser (...) Zeichnungssuite (...) schlägt der Künstler ein Leitmotiv an, das sein gesamtes künstlerisches Werk - das zeichnerische ebenso wie das audio-visuelle der Klangskulpturen - durchzieht: das immer wieder neu gestaltete und reflektierte Verhältnis von Geräusch, Ton, Klang, Wort, Musik zum menschlichen Körper."
Es sind mal genaue, mal verhuschte Bögen und Linien, Figurenskizzen, mit Tusche oder Bleistift aufs Blatt geworfen, oder auch verschrobene Welten, die Stephan von Huene mit Zeichentusche und Feder auf unzähligen Blättern festhielt. Immer sind Menschen zu sehen, immer geht es um Licht und Schatten, immer herrscht Interaktion.
Ideen über Wahrnehmung
Bei einem Künstler, der sich ausdrücklich nicht oder zumindest nicht vorrangig mit der Zeichnung auseinandersetzte, dessen Hauptwerk sich auf die Erfindung und Umsetzung neuer Klangerlebnisse konzentrierte, macht es umso mehr Spaß, sich die oft leicht und locker hin gekritzelten Ideen anzusehen. Vielleicht auch, weil seine zeichnerische Ausbildung durchaus unkonventionell war.
In einem Interview sagte von Huene 1990: "Als ich am Chouinard Art Institute in Los Angeles war, legte man dort allergrößten Wert aufs Zeichnen. Aber das war kein konventionelles Zeichnen, (...) sondern man lernte, eine Situation, eine Wahrnehmung zu erfassen. Man musste Bewegungsabläufe, Raumsituationen zeichnerisch festhalten, visuelle Informationen umsetzten. (...) Der andere Strang war die Kunstgeschichte; mein Schwerpunkt war primitive Kunst (...) Ich habe mich (...) gefragt, ob ich auch 'primitiv' sein könnte."
Selbst erklärend
Der 1932 in Los Angeles, als Sohn deutscher Immigranten geborene von Huene studierte Bildende Kunst und Kunstgeschichte. So reflektiert er - aufgrund dieser Vorbildung - an seine künstlerische Arbeit auch heranging, so strukturiert ist das Buch über ihn. In verschiedenen Texten werden die Motive seiner Arbeit erläutert, wird durch den Zeichner von Huene, den wir kennenlernen, der Klangkünstler begreifbarer.
1976/77 ging von Huene mit einem Stipendium des Deutschen akademischen Austausch-Dienstes (DAAD) nach Berlin. 1979 erhielt er eine Gastprofessur an der Hochschule der Bildenden Künste, bis er 1980 sein Atelier nach Hamburg verlegte.
Zeitgeist-Collagen
In dieser Zeit entstanden, als Teil eines Briefwechsels mit seiner Frau, Petra Kipphoff von Huene, die Redakteurin bei der Wochenzeitung "Die Zeit" war, die sogenannten Zeit-Collagen.
Über einem ausgeschnittenen Foto von Franz Joseph Strauß prangen die, ebenfalls aus Überschriften geschnittenen Worte:" Ch gesch gesch", darunter handschriftlich "Nein Nein". Ein zweites Ohr hat Stephan von Huene hinzugezeichnet, ebenso einen Wappentier-Löwen. Darunter liest man:" lagen, lagen Grün".
Die grafische Welt des Stephan von Huene ist vielfältig, mal bizarr, mal humoristisch, mal treffend genau auf den Zeitgeist geschneidert. Ein Künstler, dessen Kunst durch dieses Buch verständlicher und erfahrbarer wird.
The Song of the Line
- Seitenzahl:
- 144 Seiten
- Genre:
- Bildband, Sachbuch
- Verlag:
- Hatje und Cantz, 144 Seiten, 272 Abb.
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-2642-9
- Preis:
- 29,80 €