Neo Rauch
Viele selten gezeigte Gemälde des Leipziger Malers Neo Rauch sind bis Mitte September in einer Ausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden gezeigt worden. Die rund 40 Hauptwerke des Künstlers aus den letzten 20 Jahren hat Kurator Werner Spies ausgewählt. Dokumentiert werden sie in dem Band mit dem Titel "Neo Rauch". Martina Kothe stellt ihn vor.
Aus dem Jahr 1997 ist das Bild "Vorführer", das auch auf dem Einband zum Katalog zu sehen ist. Zwei Männer heben vor einem blauen Hintergrund apfelförmige, flache Boxen an, den einen könnte man, wie eine Anziehpuppe, mit dem anderen "bekleiden", an Schultern, Armen und Beinen, sind Streifen - in für diese Papierpuppen typischer Form, freigelassen.
Sie sind in sich gekehrt - wie eigentlich alle Figuren, die Neo Rauch malt, scheinen die Dargestellten gelassen in ihre Arbeit vertieft - so sinnlos diese auch wirken mag.
Wucht in der Farbe
Dem Schwermut, der vielen seiner Bilder innewohnt, widerspricht die Wucht der Farben, die Größe der Leinwand. In dem sorgfältig editierten Band werden den Texten von Werner Spies, Durs Grünbein, oder Andreas Platthaus, Fotografien aus Neo Rauchs Atelier in der Leipziger Baumwollspinnerei gegenübergestellt.
Hier zeigt sich, wie der Maler arbeitet. Die Leinwände lehnen an den Wänden. In der Mitte des Raums hängt ein Sandsack, daneben alte Sessel, farbbekleckerte Stühle, am Fenster ein Stehpult. Vor einer noch fast weißen Leinwand, die ihn um Meter überragt, steht Neo Rauch, die Hände in Arbeitshandschuhen. Eine fast martialische Spannung geht von dem Bild aus.
Neo Rauch: "Für mich ist eine physische Komponente auch wesentlich. Daher auch meine Neigung zu größeren Formaten. Ich muss leider sagen, dass mir das klein- und Kleinstformate aufgrund dessen immer wieder Schwierigkeiten bereitet. Ich liebe Miniaturen und ich leide nur darunter, dass ich selbst kein Meister darin bin, weil mir eben dieser physische Aspekt fehlt. Ich stehe sehr sehr gern vor einer riesigen weißen Fläche und genieße die Herausforderung, die von ihr ausgeht."
Die "Schlacht" um die Leinwand
Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Fläche und dem Motiv kann sich, so Neo Rauch zu einem regelrechten Kampf ausweiten - besonders, seit er für sich beschlossen hat, keine Leinwand "aufzugeben".
Neo Rauch hat beschlossen: "... mir von so einem Stück bemalter Leinwand nicht sagen zu lassen: Du hast mich nicht bezwungen, du hast mich nicht bewältigt. Wo kämen wir denn da hin - sag ich mir - also, dass ich mir das bieten lasse. Da wird nichts aufgegeben, da wird keine Position geräumt. Jede Schlacht um ein Bild muss gewonnen werden."
Stilbildend für eine junge Generation
Kenntnisreich sind die Texte zur Arbeit Neo Rauchs. So beschreibt Durs Grünbein in seitenlanger Prosa das, was Rauch bei ihm mit seinen Bildern auslöst. Auf "Comicspurensuche" etwa begibt sich Andreas Platthaus und Peter-Klaus Schuster wagt den Sprung von "Rauch zu Runge" und sucht nach der romantischen Ironie im Werk des Leipziger Malers.
Seine Art zu Malen, die ungewöhnliche Farbigkeit, die Motivwahl, waren in den 90er-Jahren stilbildend. Eine Generation von jungen Malern und Kunstinteressierten sogen die Welt des Neo Rauch in sich auf. Die Entwicklung, die seine Arbeit in den letzten Jahren genommen hat, verdeutlicht das Buch in Wort und Bild.
Man weiß, er hat sich auf den Weg gemacht. Ob und wann Neo Rauch indes wieder eine so stimmige Welt findet, wie die, in der er sich in den 90er-Jahren bewegte, wird sich herausstellen.
Neo Rauch
- Seitenzahl:
- 184 Seiten
- Genre:
- Bildband, Sachbuch
- Verlag:
- Hatje Cantz, 184 Seiten
- Bestellnummer:
- 978-3775728300
- Preis:
- 29,80 €