"Mitten im Rotlicht": Roman über die erste Polizistin auf dem Kiez
Der Hamburger Autor Rob Lampe schreibt in seinem neuen Buch "Mitten im Rotlicht" über Esther Lindemann, die erste Polizistin auf der Davidwache. Wie es ihr erging und welche Kämpfe sie auszufechten hatte - davon berichtet der biografische Roman.
"Ich habe es nicht einmal bereut, aus der gefühlten Enge meiner damaligen kleinen Welt nach Hamburg in die große Welt ausgebrochen zu sein!": Esther Lindemann will Abenteuer, Action, wirklich etwas erleben. In dem winzigen Dorf im Südschwarzwald, wo sie aufwächst, ist das Leben beschaulich und ziemlich vorhersehbar - nichts für die nur 1,58 Meter zierliche Esther. Sie bewirbt sich bei der Hamburger Polizei." 1979 begann dieser Modellversuch, dass man in Berlin und in Hamburg versucht, Frauen für die Polizei zu rekrutieren", erzählt Rob Lampe. Er kennt den Kiez seit seiner Jugend. Die Geschichte der ersten Polizistin in der Davidwache hat ihn fasziniert.
Sich in einer männerdominierten Welt durchsetzen
Über 40 Stunden hat Lampe Interviews mit der heute 65-jährigen Lindemann geführt: "Das Buch ist für mich als Hamburger Jung eine Liebeserklärung an meine Heimatstadt und von daher im Prinzip mein ganzes Leben!". Von #MeToo ist die Männerwelt des Kiez - und auch der Davidwache - Anfang der 1980er-Jahre ganz weit entfernt! "Sie war die erste Frau auf der Davidwache und musste gegen sehr viele Vorurteile kämpfen - und zwar nicht nur bei den sogenannten schweren Jungs auf dem Kiez, wo sie sich durchsetzen musste, sondern vor allem auch bei den männlichen Kollegen", sagt Lampe.
Da ist ihr Kollege Rudi, der sexistische, frauenfeindliche Busengrapscher. Ihn gab es wirklich, auch wenn Rob Lampe seinen Namen geändert hat. "Ich würde sagen, 90 bis 95 Prozent ist eine wahre Geschichte." Die erzählt auch vom plötzlichen Wandel auf dem Kiez, erklärt der Autor: "Am 28. September 1981, ein Montag, hat sich der ganze Kiez geändert, als drei Schüsse in der Ritze fielen und einen Luden vom Barhocker geschossen haben."
"Mitten im Rotlicht": Zwischen Wut, Trauer und Kiezromantik
Das Buch beschreibt die Gefühlslage der jungen Polizistin, wie sie sich beim Anblick der ersten Leiche übergeben muss, wie sie Kontakte zu Prostituierten, Luden und harten Dealern bekommt und sich dabei anfangs noch sehr persönlich auf deren Schicksale einlässt und zu helfen versucht. "Sie wollte wirklich Polizistin sein", sagt Lampe. "Sie wollte etwas verändern und sie wollte den Menschen im Universum St. Pauli wirklich helfen. Sie war die Einzige, die sich dort für das wirkliche Leben entschieden hat."
Rob Lampe schreibt über die Wut, aber auch die Trauer dieser Kiezbeziehungen Esther Lindemanns: über die Prostituierte Karina, die elendig an der damals neuen Seuche AIDS stirbt, an Lindemanns Beziehung zu einem Luden, die kläglich scheitert, und darüber, wie die erste Polizistin der Davidwache lernt, sich abzugrenzen und sich tatsächlich in dieser Männerwelt behaupten kann. Das Ganze ist eingängig geschrieben; man folgt Esther Lindemann über eine Reeperbahn, die heute so nicht mehr existiert, inklusive einer gewissen Kiezromantik.
Ganz romantisch war es für Rob Lampe bei seinen Recherchen vor Ort aber nicht, denn nicht jeder wollte seinen Namen in einem Buch wiederfinden, erklärt er: "Ich habe da in der Tat etwas Haue bekommen - nicht wirklich schlimm, aber es tat weh und ich habe den Namen jetzt auch nicht mehr genannt."
Mitten im Rotlicht
- Seitenzahl:
- 330 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- hansanord
- Veröffentlichungsdatum:
- 18. März 2024
- Bestellnummer:
- 978-3-947145-77-5
- Preis:
- 20 €