Klassiker, Collage, Biografie: Graphic Novels über Franz Kafka
Vor 100 Jahren, am 3. Juni 1924, starb Franz Kafka im Alter von 40 Jahren. Grund für viele Verlage, den Schriftsteller oder seine Werke näher zu beleuchten. NDR Kultur stellt drei lesenswerte Comics über Kafka vor.
"Wie ein Hund": Temporeiche Textcollage
Kantig, kontrastreich und irgendwie geheimnisvoll - so schaut Franz Kafka nicht nur auf einem seiner berühmtesten Porträts aus dem Jahr 1923, so zeichnet auch der Kroate Danijel Žeželj Bilder zu den Texten des Prager Schriftstellers. Es ist eine Textcollage aus Roman-, Erzählungs- und Tagebuchausschnitten. Das Fundament bildet die Kurzgeschichte "Ein Hungerkünstler", 1922 erstmals erschienen. Ein Mann hungert aus für ihn wichtigen Gründen, doch sein Protest wird zum Happening, zu einem Hunger-Games-Show-Event. Ein bisschen erinnert er einen an den jungen Joseph Beuys, drahtig, mit eingefallenen Wangenknochen.
Der Stil von Zeichner Žeželj ist ungewohnt rau, kompromisslos. Seine schwarzweißen Zeichnungen wirken wie moderne Grafiken aus einer Galerie in Gotham City. Sie ziehen einen mit Tempo durch die dann doch traumatische Geschichte, die mit Gleichnissen, wie bei Kafka üblich, durchzogen ist. Was der Text nicht zu erklären schafft und Deutungsräume lässt, übernimmt die Zeichenkraft Žeželjs. Der füllt das Vakuum und kreiert eine eigene dystopische Welt. Wer Kafka in der Schule nicht verstanden hat, der bekommt eine zweite Chance - dank "Wie ein Hund", so der Titel dieser "Kafka-Novel".
"Komplett Kafka": Prosa trifft auf Comic
"Ich leg' mich auf die Couch und denke nach." Was ein gutes Zitat von Kafka selbst sein könnte, stammt aber vom österreichischen Comic-Künstler Nicolas Mahler, der so sein Zeichen-Ritual einmal beschrieben hat. Mahler ist für seine humorvollen und Spaß bringenden Cartoons und Comicstrips in der "Zeit" oder der "NZZ" bekannt - nun also Kafka. Nicht weniger als eine Biografie über den großen, dunklen Schreiberling hat sich Nicolas Mahler vorgenommen - so dann auch der Titel: "Komplett Kafka".
Herausgekommen ist ein kleines Büchlein - allerdings weit entfernt von einer Graphic Novel oder einem Comic. Darin die typisch reduziert-skizzenhaften Cartoon-Bilder von Mahler, die zwischen - mal kurzen, mal längeren - Textblöcken eingemauert sind. Prosa trifft auf Comic. Was gestalterisch zu kurz kommt, ist inhaltlich sehr unterhaltsam. In der Summe ist "Komplett Kafka" ein humorvolles "Biografiechen" mit Schmunzeleinheiten, passend für eine Bahnfahrt zwischen Kiel und Hannover.
"Kafka": Neuauflage eines Klassikers
Bereits 1995 erschien "Kafka für Anfänger" - eine Zusammenarbeit des Schriftstellers David Z. Mairowitz und des amerikanischen Comic-Pioniers Robert Crumb. Nun gibt es eine Neuauflage im Taschenbuchformat unter dem abgekürzten Titel "Kafka" frisch in den Buchläden. 175 Seiten lang arbeiten Mairowitz und Crumb das Leben des überwiegend unglücklichen und depressiven Autors auf, das geprägt ist vom schwierigen Verhältnis zu seinem Vater, die innere Auseinandersetzung mit allem Körperlichen und Sexuellen, sowie sein Verständnis seiner jüdischen Identität.
Robert Crumb findet Bilder, die oft das Leiden und den Schmerz des jungen Franz sichtbar und teilweise auch spürbar machen. Es sind detailreiche Bilder, die oft keine Weißräume haben und so schwerer wirken als übliche Comicstrips. Hier verschmelzen Textblöcke mit den Zeichnungen zu einer organischen Einheit. Ein Klassiker, der auch noch knapp 30 Jahre nach Erscheinen nichts an Kraft und Bedeutung verloren hat und so das Verständnis für Kafka heute noch wachhält.