Sendedatum: 21.08.2011 16:20 Uhr

India

von Susanne Neumann

Fotografiekenner denken bei Andreas H. Bitesnich zuallererst an Akt- und Erotikbilder. Nudes, Erotic oder Woman heißen seine Bücher - und: Travel. In dem Reisebildband fehlt allerdings ein Land, das es dem Österreicher schon immer angetan hatte: Indien. Inzwischen hat Bitesnich seinen Traum wahrgemacht, Indien bereist und ihm nun ein eigenes Buch gewidmet. Susanne Neumann stellt "India" vor.

Man hört förmlich die Musik der Flöte. Der Schlangenbeschwörer schaut direkt in die Kamera, die Kobra richtet sich auf zum Tanz mit dem Instrument.

Eine lange Flucht von Rikschas, die sich im schlammigen Wasser der Straßenkurve spiegeln, die Bildaufteilung zwischen Rikschas, Straße und Bürgersteig perfekt. Ein Wirrwarr aus Bussen in Bangalore, von oben fotografiert.

Buchzitat:
"Indien ist permanent in Bewegung - es bewegt sich zur Seite, nach hinten, nach oben und im selben Moment nach vorne. Indien ist Vergangenheit und Zukunft zugleich", schreibt Andreas H. Bitesnich in seinem Vorwort. "Ein Universum, das alle Worte dieser Welt nicht zu beschreiben imstande sind."

Bilder für den Bauch

Bitesnich versucht die Beschreibung in seiner Sprache: Bildern. Klassisches wie der Taj Mahal im Sonnenaufgang. Anrührendes wie ein Mann mit Lepra oder ein Elefantenfuß an einer Kette. Straßenszenen, Architektur, Detailaufnahmen.

Das Motivspektrum ist breit, trotzdem ist die Auswahl stimmig. Besonders stark: die schwarz-weiß und sepiafarbenen Porträts. Denn die Farbbilder sind oft zu stark nachkoloriert und wirken dadurch unnatürlich.

Zum anderen merkt man vor allem in den Porträts Bitesnichs Einfühlsamkeit. Wie er selbst sagt: Er mache keine Fotografie, die "arty" oder "edgy" sei, also gewollt künstlerisch oder kantig - seine Bilder zielen auf den Bauch.

Das mag auch an Bitesnichs Quereinstieg liegen: Der Österreicher ist Autodidakt. Erst mit Mitte 20 hat die Mappe eines befreundeten Fotoassistenten sein Interesse für Fotografie geweckt. Er hat sich in das Thema eingearbeitet - zu Beginn seiner Karriere aber noch weiter Elektrogeräte verkauft.

Von Orten und Geschichten

In "India" verbindet Bitesnich oft mehrere Bilder zu einer Szene, wie die Kushti-Ringer, die im Schlamm miteinander kämpfen, und eine Feuerbestattung am Ganges. Sofort entstehen Geschichten im Kopf. Und das müssen sie auch. Denn Bitesnich liefert in seinen Anmerkungen nur den Ort, sonst nichts.

Andreas H. Bitesnich - Vita

1964 in Wien geboren, lebt und arbeitet der Fotograf noch heute dort.

Mit der Fotografie hat der Österreicher Ende der 80er-Jahre begonnen, als Fotograf ist er Autodidakt. Seine Schwerpunkte sind Porträt- und Akt- und Reise-Fotografie. Seit seinem ersten Bildband "Nudes" von 1998 hat er zehn weitere Fotobände veröffentlicht. In zahlreichen internationalen Ausstellungen ist er vertreten.

Ein paar mehr Hintergründe und Informationen wären schön gewesen. Denn natürlich stehen die Bilder für sich selbst. Aber gerade ein Reisethema wie Indien lebt auch von den Erfahrungen, die der Fotograf vor Ort gemacht hat. Abgesehen davon ist "India" ein beeindruckender Bildband - in einem Riesenformat, wie es sich für ein Riesenland wie Indien gehört, auf nicht glänzendem Papier hochwertig produziert - mit Bildern, die nachwirken. Liebevoll zusammengestellt, und so nah dran, dass man Indien spürt, schmeckt, riecht, ohne dass der künstlerische Aspekt leiden würde.

Und im Vorwort gibt Bitesnich auch noch wertvolle Tipps, wie man Indien ohne gesundheitliche Komplikationen überlebt:

"... vor und nach jeder Mahlzeit einen Schluck Whiskey."

India

von Andreas H. Bitesnich
Seitenzahl:
256 Seiten
Genre:
Bildband
Verlag:
teNeues
Bestellnummer:
978-3-8327-9480-4
Preis:
79,90 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 21.08.2011 | 16:20 Uhr

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Bildbände

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