"Hier muss es sein": Die zerstörerische Kraft von Geheimnissen
Maggie O’Farrells Roman "Hier muss es sein" kam im Original bereits 2016 heraus. Er erreicht noch nicht die literarische Qualität seiner Nachfolger, dennoch ist man von dem verschlungenen Buch schnell eingenommen.
Maggie O’Farrell erzählt in ihrem Roman eine Geschichte über die zerstörerische Kraft von Geheimnissen. Geheimnisse, die manchmal alles unter sich begraben. Das wird das Ehepaar Claudette und Daniel auf schmerzhafte Weise erfahren. Seit Jahren lebt es mit seinen beiden kleinen Kindern völlig abgeschieden im Norden Irlands. Claudette verteidigt ihr Haus schon mal mit einer Schrotflinte:
Meine Frau, sollte ich anmerken, ist verrückt. Nicht im Sinne von Gehört-in-die-Klapse (...), sondern auf eine subtilere, gesellschaftsfähigere, weniger auffällige Weise. Sie ist der Ansicht, jemanden mit dem Gewehr zu bedrohen, der - höchstwahrscheinlich völlig arglos - am Zaun unseres Grundstücks herumlungert, sei nicht nur zulässig, sondern vielmehr absolut angemessen. Leseprobe
Eine lang verdrängte Schuld kommt ans Licht
Hinter Claudettes Versteck in der Einsamkeit Irlands steht das eine große Geheimnis des Romans, das relativ schnell gelüftet wird. Das andere verbirgt Daniel vor seiner Frau und mittlerweile auch ein bisschen vor sich selbst, denn es ist ihm gelungen, viele Jahre nicht daran zu denken. Bis zu einem Tag im Jahr 2010, als er im Autoradio ein altes Interview hört:
Ich kenne diese Frau, will ich ausrufen, ich kannte sie. (...) Und dann denke ich nichts mehr. Die Moderatorin ergänzt in einem beherrschten, behutsamen Ton, dass Nicola Janks nicht lange nach diesem Interview verstorben sei. Leseprobe
Diese Nachricht wird Daniel völlig aus der Bahn werfen, denn jetzt kommt eine lang verdrängte Schuld ans Licht.
"Hier muss es sein" spielt auf verschiedenen Zeitebenen
Maggie O’Farrell schreibt zart, poetisch und auch lustig, ihre Romane sind Kunstwerke. Dafür wurde und wird sie in ihrer Heimat Großbritannien, aber auch international gefeiert. Ihr jetzt auf Deutsch erschienener Roman "Hier muss es sein" kam im Original bereits 2016 heraus. Er erreicht noch nicht die literarische Qualität seiner Nachfolger. Auch hier klingt zwar O’Farrells Sprachkunst bereits an, aber sie schreibt noch nicht so pointiert, so stilsicher. Dennoch ist man von ihrem verschlungenen Roman, der auf verschiedenen Zeitebenen spielt, schnell eingenommen. Denn vor allem Claudettes Geheimnis hat es in sich. Sie war eine der prominentesten Schauspielerinnen ihrer Zeit:
Sie als "berühmt" zu bezeichnen hätte es nicht ganz getroffen. Berühmt war sie gewesen, bevor sie tat, was sie getan hatte; was folgte, ging darüber hinaus, es entrückte sie in eine goldene Sphäre des glorifizierten Berühmt-berüchtigt-Seins. Mittlerweile war sie weniger für ihre Filme bekannt als dafür, dass sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere verschwunden war. Einfach so. Paff! Weg war sie. Leseprobe
Ohne Vorwarnung war Claudette auf dem Höhepunkt ihres Ruhms spurlos verschwunden. Ein paar Jahre später lernte sie dann Daniel, einen amerikanischen Linguistikprofessor kennen, der sich, ohne es selbst zu wissen, ebenfalls auf einer Art Flucht befand.
Maggie O’Farrells Roman ist das schillernde Porträt einer Ehe, aufgebaut auf Geheimnissen und unbewältigter Vergangenheit. Kann sie dennoch eine Chance haben?
Hier muss es sein
- Seitenzahl:
- 544 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Englischen von Kathrin Razum
- Verlag:
- Piper
- Bestellnummer:
- 978-3-492-05870-4
- Preis:
- 26 €