Anna Blume und ich. Zeichnungen von Kurt Schwitters
Als einer der schrieb, collagierte, assemblierte und Installationen baute, ist Kurt Schwitters ein herausragender Vertreter des Dadaismus. Seine sogenannte Merz-Kunst ist ein Begriff. Kein Geheimnis war, dass der Mann auch gezeichnet hat, dennoch galten seine Zeichnungen nie als Schlüssel zum Verständnis seines Werkes. So waren sie bislang noch nie Gegenstand einer großen Ausstellung oder eines Buches - bis bei Hajte und Cantz der Band "Anna Blume und ich - Zeichnungen von Kurt Schwitters" erschienen ist. Was uns die Zeichnungen des Künstlers über ihn erzählen, hat Martina Kothe erkundet.
Es sind abstrakte Studien, dadaistische Experimente, aber auch ganz klassische Stillleben und Portraits, die Kurt Schwitters mit Kohle, Tinte, Kreide, Aquarell und Bleistift fertigte. Besonders die Landschaften, die Herausgeberin und Kuratorin Isabel Schulz, in ihrem Text als "größte Konstante im zeichnerischen Werk" von Kurt Schwitters, ansieht, weisen eine ganz eigene Handschrift auf.
Zaghafte Stifte und tobende Pinsel
Manchmal reichen auch ganz wenige Striche, etwa um ein Bergmassiv anzudeuten, einige Bäume, dahinter ein schemenhaftes Haus. Dann wieder tobt sich der Stift scheinbar aus - wenn mit blauer und schwarzer Tinte eine Straße, ein Bauernhof auf Karton gebannt wurde. Dann folgen die Porträts, die Schwitters als eine eher ungeliebte Pflicht zum Broterwerb ansah, denn nicht selten fertigte der Künstler als Gegenleistung für Bewirtung, oder Unterkunft vor Ort, Zeichnungen der Gastgeber an.
Unter den abgebildeten Bildern ist auch eines von insgesamt drei Selbstportraits des Künstlers Sehr direkt blickt der Künstler sein Gegenüber an - mit der sperrigen Tinte ist das Porträt schnell hingeworfen - zwei geradeaus schauende Augen, der Mund fest geschlossen, fast schon grimmig, sieht Schwitters sich selbst. Hinter der Hohen Stirn die von wilden Zickzacklinien umrahmt wird- jene Gedanken, die einen bis heute Lächeln machen:
Ganz anders als die – eher der akademischen Form genügenden Landschaften und Portraits, sind die Aquarell- Versuche, die abstrakten Entwürfe, die an Klee und Kandinsky erinnernden Blätter. Zum Beispiel das Bild "Er und Sie" aus dem Jahr 1919. Sie - ganz klein, scheinbar in einer Flasche gefangen, Er von rechts in das Bild lugend, links ein Mond, oder eine Sonne. Das alles in Bleistift und Pastellfarben - blau und rosé. Linie und Farbe - mehr nicht.
Verspielter Umgang mit Form und Farbe
"Der Goldfisch" ebenfalls von 1919. Mit einem roten Buntstift sind Striche und ein ungelenker Kreis angeordnet- daneben rechts eine Form, die an einen Fisch, oder einen Vogel ohne Flügel erinnert. Das Tier ist gelb coloriert - ebenso wie ein Stückchen Viereck am linken unteren Bildrand. Eine Zeichnung, die eher an die eines Kindes erinnert, denn an den damals bereits Akademisch ausgebildeten Schwitters. Dennoch ist gerade das die Qualität vieler der im Buch versammelten Arbeiten: Eine verspielte Leichtigkeit, ein vollkommen sorgloser Umgang mit Form und Farbe.
Der Biografie im Anhang des Buches sind Fotografien des im Freien zeichnenden Schwitters beigefügt- sie runden den Eindruck des Bandes ab. Einzig ärgerlich ist, dass man nicht unter der jeweiligen Zeichnung den Titel, die Technik und das Datum nachlesen kann, sondern für genauere Informationen immer ans Ende blättern muss, aber vielleicht wäre das ja genau im Sinn des Meisters gewesen - der angeblich einst sagte: "Ein Spiel mit ernsten Problemen. Das ist Kunst."
Anna Blume und ich. Zeichnungen von Kurt Schwitters
- Seitenzahl:
- 112 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Hatje und Cantz
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-2753-2
- Preis:
- 19,80, 112 Seiten €