Kerstin Hoppenhaus und ihre ungewöhnlichen Protagonisten
Die Autorin und Biologin hat am Donnerstagabend in Göttingen den NDR Kultur Sachbuchpreis 2024 für ihr Buch "Die Salze der Erde" bekommen.
Kerstin Hoppenhaus setzt drei ungewöhnliche Protagonisten in Szene: Phosphor, Stickstoff und Kalium. Auf beeindruckende Weise zeigt sie, wie wichtig sie sind, welch weitreichende Folgen sie für Menschheit und Umwelt haben, wie eng verzahnt sie mit Kolonialismus, Klima und Welternährung sind. Kerstin Hoppenhaus ist Wissenschaftsjournalistin, versteht es, komplexe Inhalte kurzweilig mit starken Bildern spannend zu erzählen. Für ihre Recherchen ist Hoppenhaus um die Welt gereist. Sie eröffnet mit ihrem umfangreichen Material ein Riesenspektrum an weitverzweigten Themen.
Die NDR Sachbuchpreis-Jury hat sie mit ihrem Buch "Die Salze der Erde" überzeugt. Dafür wurde Kerstin Hoppenhaus am 7. November in Göttingen mit dem NDR Sachbuchpreis 2024 ausgezeichnet. Mit Martina Kothe spricht die frisch gebackene Preisträgerin in NDR Kultur à la carte über ihr Buch "Die Salze der Erde", ihre Ideen, Vorschläge und Konzepte.
In Ihrem Buch geht es unter anderem um das Konzept der sogenannten planetaren Grenzen. Sie berichten von dem schwedischen Nachhaltigkeitsforscher Johan Rockström, der neue planetare Grenzen benennt. Sie sagen, das ist ein Konzept, das immer mehr an Bekanntheit, aber auch an Beliebtheit in den Kreisen der Politik und anderer Entscheidungsträger gewinnt. Was sind denn diese neuen planetaren Grenzen?
Kerstin Hoppenhaus: Diese planetaren Belastungsgrenzen sind Teile des Erdsystems, also unseres planetaren Lebenserhaltungssystems. Dazu gehört das Klima, die Artenvielfalt, intakte Meeressysteme, also die Ozeane, dazu gehören auch der Umgang mit neuen Stoffen in der Biosphäre, zum Beispiel Plastik und noch einige andere, wie die Landnutzung und der Wasserhaushalt. Außerdem gehört dazu die Balance, also eine Ausgewogenheit der biogeochemischen Kreisläufe um die Erde und das sind im Grunde die Kreisläufe von Stickstoff und Phosphor. Das Besondere dieser neuen Grenzen, ist, dass sie nicht nur sagen, da müssen wir alles richtig machen, sondern die haben das quantifiziert. Das heißt, sie haben Maße oder Bereiche festgesetzt, in denen wir bleiben müssen, um ein sicheres und gesundes Leben für die Weltbevölkerung sicherstellen zu können.
Wie sehen denn diese Maße aus?
Hoppenhaus: Bei Phosphor und Stickstoff sind wir jenseits von dem, was wir eigentlich in den Umlauf bringen dürften. Bei Stickstoff hat man mal versucht zu rechnen, die Menschheit bringt inzwischen ungefähr oder wahrscheinlich sogar mehr Stickstoff in den Umlauf und das Erdsystem, als Tiere und Pflanzen verarbeiten können. Das kann man sich vorstellen, wenn man irgendein System hat, das gut läuft und plötzlich die doppelte Menge von etwas dazukommt. Das sorgt für Veränderungen und möglicherweise nicht für positive. So ist es bei Phosphor und Stickstoff auch. Da ist das Problem, dass die letztlich vom Acker in die Meere strömen und in den Meeren als Dünger wirken. Das führt dazu, dass die Pflanzen, die sie düngen, erst sehr stark wachsen, das Licht wegnehmen und dann absterben. Beim Abbau dieser Pflanzen wird der Sauerstoff aufgezehrt und wenn der fehlt, dann fehlt er für alle anderen Organismen, die ihrerseits absterben. So kommen ganze Ökosysteme ins Wanken. Wenn das so ist, dann können die Ozeane nicht mehr als die Systeme funktionieren, die sie nun mal sind.
Die Ozeane werden ja auch immer wärmer.
Hoppenhaus: Genau und das hat wieder Auswirkungen auf das Klima und so auch auf das ganze Erdsystem. Der Dünger, den wir hier aufs Feld werfen, hängt mit diesen ganzen Prozessen zusammen. Das hat man sich sehr lange nicht klargemacht.
Das Gespräch führte Martina Kothe.