Walter Moers: "Traumatische Erfahrung im Roman verarbeitet"
Am 6. September ist Walter Moers' neuer Zamonien-Roman "Die Insel der Tausend Leuchttürme" erschienen. Im Interview erzählt der medienscheue Autor, wie ein traumatischer Kuraufenthalt mit fünf Jahren auf einer Nordseeinsel in die Geschichte eingeflossen ist.
In "Die Insel der Tausend Leuchttürme" gibt es ein Wiedersehen mit Hildegunst von Mythenmetz. Diesmal verschlägt es die literarische Legende des Kontinents Zamonien auf eine Insel namens Eydernorn - was ein Anagramm eines realen Vorbildes in der Nordsee vor Niedersachsen ist. Der medienscheue Autor gibt eigentlich keine Interviews. Dem NDR hat er Fragen zu seinem neuen Werk schriftlich beantwortet.
Herr Moers, "Die Insel der Tausend Leuchttürme" ist der umfangreichste Zamonien-Roman seit einer ganzen Weile. Wie kam es dazu?
Walter Moers: Meinen Büchern geht immer eine Sammelphase voraus, in der ich zu einer Grundidee möglichst viele kleinere Ideen und zeichnerische Skizzen zusammentrage. Bei der "Insel der Tausend Leuchttürme" war diese Sammelphase besonders lang. Ich konnte in dieser Zeit auch andere Buchprojekte verwirklichen. So konnte es wieder mal einer der dickeren Romane werden.
In dem Buch tauchen viele Elemente einer Reisebeschreibung auf. Auf welcher Insel haben Sie während des Entstehungsprozesses Urlaub oder eine Kur gemacht? Oder hat das womöglich damit gar nichts zu tun?
Moers: Es ist tatsächlich so, dass ich als Kind im zarten Alter von fünf Jahren zu einer langen Asthma-Kur auf eine Insel verschickt worden bin. Diese traumatische Erfahrung habe ich, neben vielen anderen Dingen, in diesem Roman verarbeitet. Der Name der Insel im Buch, Eydernorn, ist ein Anagramm des echten Inselnamens und die Karte im Buch besitzt ihre Küstenlinie. Es darf geraten werden!
Stellenweise liest sich das Werk auch wie ein Klimaroman: Wolken spielen eine Rolle, die Natur sowieso. Wie viel Realität drängelt sich in Ihre Bücher?
Moers: Die Grundideen für das Buch hatte ich bereits vor zehn Jahren. Auch wenn außergewöhnliche Wetterphänomene darin eine große Rolle spielen, habe ich bei der Arbeit daran niemals an die aktuelle Diskussion gedacht. Ich habe einen fantastischen Roman geschrieben, in dem auch das Meteorologische fantastische Ausmaße erreicht. Aber man kann in meinen Texten genauso viel Realität wie bei anderen Autoren finden. Wir schöpfen alle aus dem, was uns umgibt und bewegt.
Wie schreiben Sie? Sind die vielen Wesen zuerst da? Oder die grobe Idee, was es für ein Buch werden soll? Man kann über Sie lesen, dass Sie gar nicht konzentriert an einem Buch schreiben, sondern immer gleich an mehreren.
Moers: Wie bereits erwähnt, muss bei mir immer eine tragfähige Grundidee vorhanden sein, um die langjährige Sammel- und Zeichenarbeit an einem Projekt zu rechtfertigen. Da ich leider kein besonders systematischer Autor bin, ist es hilfreich, mehrere solcher Grundideen nebeneinander zu verfolgen. So kann ich immer zwischen den Projekten hin- und herspringen, wenn mir irgendwo mal die Ideen oder die Puste ausgehen.
"Die Insel der Tausend Leuchttürme" ist der zehnte Zamonien-Band. Warum kehren Sie immer wieder in diese Welt zurück?
Moers: Auch wenn die Zamonienwelt aufgrund gewisser wiederkehrender Figuren und Motive nach einer Romanserie aussieht, wage ich zu behaupten, dass es keine im herkömmlichen Sinne ist. Meine wichtigste Motivation für jedes Buch ist immer, dass sich darin etwas vollkommen Neues entfaltet.
Gibt es Momente, in denen Sie bemerken, dass Menschen Ihre Bücher in der Hand haben? Im Buchladen, im Park, in der Bahn? Wie geneigt sind Sie dann, sich zu erkennen zu geben?
Moers: Zu riskant. Es könnte ja sein, dass ihnen das Buch nicht gefällt und sie die Gelegenheit ergreifen, ihr Geld zurück zu verlangen.
Die Fragen stellte Danny Marques Marcalo.