"Vermeer": Katalog zur Amsterdamer Jahrhundert-Ausstellung
28 Werke des niederländischen Malers Jan Vermeer waren in einer Ausstellung des Amsterdamer Rijksmuseums zu bewundern. Zu der Schau ist ebenfalls ein bildschöner Katalog erschienen.
Den niederländischen Maler Jan Vermeer umgibt die Aura des Geheimnisvollen. Niemand weiß, wie er aussah und bei wem er seine Ausbildung gemacht hat. Außerdem sind nur 37 Bilder von ihm bekannt, ungewöhnlich wenig. Rembrandt, der im selben Jahrhundert lebte, hinterließ dagegen 350 Ölgemälde!
Dass nun 28 Werke Vermeers - also Dreiviertel seines gesamten Oeuvres - in einer Ausstellung vereint sind, ist ein sensationeller Coup des Amsterdamer Rijksmuseums. Nach wenigen Tagen war die Schau bereits ausverkauft, mehr als eine halbe Million Menschen haben sich die Originale angesehen. Am 4. Juni schließt diese einmalige Ausstellung. Sollten Sie zu denen gehören, die vergeblich versucht haben, Karten zu bekommen, gibt es vielleicht ein Trostpflaster für Sie: Im Belser Verlag ist ein bildschönes Buch zu der Schau im Rijksmuseum erschienen.
Vermeers virtuoser Umgang mit dem Licht
Schon beim Cover fängt der Augenschmaus an. Das Ohrläppchen einer Frau; eine Perlenkette, die sich um die zarte Haut ihres Halses schmiegt; ihr kostbares Gewand: Der Belser Verlag hat kein vollständiges Gemälde von Jan Vermeer auf den Buchdeckel gedruckt, sondern ein Detail. So stark vergrößert, dass man die Spuren des Pinsels in der Ölfarbe erkennt. Und das Craquelé: jene feinen Risse, die sich im Laufe der Jahrhunderte in der Oberfläche gebildet haben.
Es ist ein Bildausschnitt, in dem sich die ganze Meisterschaft des Künstlers zeigt. Seine Fähigkeit, Stoffe so darzustellen, dass man ihre Textur zu spüren glaubt: den weichen Pelz des schwarz getupften Hermelinkragens, das kunstvolle Gewebe des leuchtend gelben Gewands, den eleganten Faltenwurf am Oberarm.
Doch vor allem veranschaulicht das Detail Vermeers virtuosen Umgang mit dem Licht: Nicht nur im Ohrring der Frau und in jeder einzelnen Perle der Halskette schimmern winzige Reflexe. Selbst ihrem Kleid verleiht der Maler durch genau kalkulierte Glanzpunkte eine irisierende Oberfläche.
Vermeer kreiert eine rätselhafte Atmosphäre
Das Bild, aus dem der Ausschnitt auf dem Buchcover stammt, hat den Titel "Dame und Dienstmagd". Es zeigt eine Frau mit einer Schreibfeder. Vor ihr liegt ein Bogen Papier. Eine Dienerin tritt an den Tisch und reicht ihr einen Umschlag. Der Delfter Barockmaler hat im Laufe seines Lebens sechs Werke geschaffen, in denen ein Brief eine Rolle spielt. Ein Topos, der den Gemälden eine rätselhafte Atmosphäre verleiht: Das kleine Stück Papier, das die Innenräume Vermeers symbolisch mit der Außenwelt verbindet, wirft Fragen auf: Wer hat das Schreiben geschickt? An wen ist es gerichtet? Handelt es sich um eine traurige Nachricht? Oder um eine Liebesbotschaft, von der niemand - außer der Empfängerin - erfahren darf?
Spannende Texte und beeindruckende Detailaufnahmen
Die Aura des Geheimnisvollen umgibt auch den Maler selbst. Knapp 200 Jahre nach seinem Tod nannte ihn der französische Kunstkritiker Théophile Thoré "Die Sphinx von Delft". Dieses Image hält sich bis heute. Dabei zeigt der neue Bildband, wie umfassend das Leben des Niederländers inzwischen erforscht ist. Kunsthistorikerinnen und -historiker förderten aus den Tiefen der Archive jeden Brief, jede Urkunde, jedes Dokument zutage, das Aufschluss über ihn oder über seine Familie und seine Geschäfte geben könnte: Jan Vermeers Eltern - belegen historische Unterlagen - betrieben am Marktplatz von Delft eine Herberge und handelten mit Kunst. So kam der Maler schon als Kind mit Grafiken und Gemälden in Berührung und lernte einflussreiche Kollegen kennen.
Detailliert berichten die Autorinnen und Autoren über Vermeers Heirat mit der Katholikin Catharina Bolnes, über sein Familienleben, seinen sozialen und künstlerischen Aufstieg. Darüber hinaus erfahren wir, was Zeitgenossen über seine Malerei dachten und wie spätere Generationen sie beurteilten.
Atemberaubende Reproduktionen und Detailaufnahmen der 28 Gemälde aus der Amsterdamer Ausstellung ergänzen die spannend geschriebenen Texte. Nur wenige Blicke in das bildschöne Buch reichen, um zu verstehen, warum die Menschlichkeit von Vermeers Figuren, die Intimität seiner Interieurs und die Strahlkraft seiner Farben seit Jahrhunderten Betrachterinnen und Betrachter in ihren Bann ziehen.
Vermeer
- Seitenzahl:
- 320 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Offizieller Begleitband zur großen Ausstellung im Rijksmuseum
- Verlag:
- Belser Verlag
- Bestellnummer:
- 978-3-7630-2904-4
- Preis:
- 59 €