Silent Book Club Lübeck: Happy Hour für Bücherwürmer und Introvertierte
Bei den Treffen des Silent Book Clubs wird eine Stunde lang gelesen - und zwar leise. Drei solcher "Stillen Buchclubs" gibt es mittlerweile in Norddeutschland: nach Hamburg und Hannover jetzt auch in Lübeck.
Rund 25 Menschen sitzen an diesem Nachmittag nebeneinander auf Holzstühlen im Eingangsbereich der Lübecker Stadtbibliothek. Einige haben bequemere Plätze auf den zwei Sofas ergattert. Man hört: nichts, bis auf das Umblättern der Seiten. Alle lesen, jeder für sich - und doch gemeinsam. Eingeladen dazu hat Denise Bach. Sie hat das erste Treffen in Lübeck organisiert, begeistert von dem Konzept des "Stillen Buchclubs": "Eine Freundin hat mir einen Link geschickt zu dem Silent Book Club in Hamburg-Blankenese. Dann sind wir dort mal hin und es hat uns super gut gefallen", erzählt Denise Bach. "Da dachte ich mir: Wieso nicht einen eigenen in Lübeck starten?"
Begeisterung für den Silent Book Club bei der Stadtbibliothek Lübeck
Das Konzept: Jeder bringt sein eigenes Buch mit, liest darin still für sich eine Stunde lang und kann sich anschließend mit den anderen Teilnehmenden über das Gelesene austauschen. Bei der Stadtbibliothek standen die Türen für die Idee sofort offen, erzählt Mitarbeiterin Madlen Mühlpfordt: "Wir hatten auch schon überlegt, ob wir dasselbe ins Leben rufen. Aber dann hatten wir etwas Skrupel, als Bibliothek, die viele Bücher hat, zu sagen: Kommt alle her, um zu lesen. Wir haben uns sehr gefreut, dass Denise auf uns zugekommen ist."
Die Idee hinter dem Silent Book Club stammt aus den USA, daher auch der englische Name. Das erste Silent Book Club-Treffen fand 2012 in San Francisco statt. Seitdem hat sich das Konzept weltweit verbreitet. Mittlerweile gibt es in 50 Ländern mehr als 1.000 sogenannte Chapter, also Ortsverbände, organisiert von Ehrenamtlichen. Ihr Ziel: Die Gemeinschaft von Lesebegeisterten fördern, eine "Happy Hour für Bücherwürmer und Introvertierte" schaffen, so die Organisatoren. Für Teilnehmerin Maria in Lübeck eine ganz neue Erfahrung: "Ich hatte keine konkrete Vorstellung, was es bedeutet, mit mehreren Leuten im Raum zu sitzen und eine Stunde still zu lesen. Im Nachhinein hat es mir sehr gut gefallen. Ab und zu hat man seinen Blick in die Runde schweifen lassen. Mal guckt jemand zurück, aber die meisten sind total vertieft. Es war einfach eine entspannte Atmosphäre."
Ein Buchclub ohne Druck
Das Lockere und Unverbindliche kommt auch bei anderen Teilnehmenden gut an, wie bei Julia: "Es ist eine gute Art und Weise, einen Buchclub zu haben, ohne sich verpflichtet zu fühlen. Man kann sich jedes Mal aufs Neue anmelden. Man muss nicht bis zu einer gewissen Seite gelesen haben. Es stellt keinen Druck dar und das finde ich das Coole daran. Man kann in Gesellschaft sein, wenn man möchte, aber es ist eben keine Pflicht."
Nach einer Stunde Lesen moderiert Denise Bach eine Austauschrunde an: Wer mag, erzählt kurz, was er oder sie gelesen hat und wie es bisher gefällt. Zum Abschluss legen alle ihre Bücher nebeneinander auf einen Tisch. Denise macht ein Foto für den Instagram-Account des Lübecker Silent Book Clubs - und auch viele andere fotografieren die Sammlung: als Buchtipps, zum Beispiel als Lesestoff für das nächste Treffen des Silent Book Clubs in Lübeck. Jeden vierten Mittwoch im Monat wollen sie sich treffen.