Rein in die Bibliothek: Wie Stralsund Kinder zum Lesen bringt
Wie können Bibliotheken junge Leserinnen und Leser für Bücher begeistern? Mit Bücherkisten und anderen Projekten gehen die Stralsunder Bibliothekarinnen in Kitas und Schulen - und holen so die Jüngsten in die Bücherei.
So gibt es in Stralsund beispielsweise ein Projekt, bei dem Kinder quasi um die Wette lesen. Entscheidend ist dabei die Dicke der Bücher. Außerdem rückt die Stadtbibliothek Stralsund für das Leseprojekt in jedem Schuljahr ein Wahrzeichen der Stadt in den Fokus.
Lotte, Fina Amalia und Jonathan, Schüler der dritten Klasse der Grundschule "Hermann Burmeister" in Stralsund, lieben Bücher. Das ist nicht bei allen Kindern so, weiß Stephanie Knauft von der Stadtbibliothek Stralsund: "Wir haben auch so ein paar Klassen, bei denen sich die Lehrer reinhängen und Bücherkisten bestellen, weil die Kinder die Medien nicht zuhause haben. Für die ist das dann wirklich etwas ganz Neues, so viele Bücher zu sehen. Manche haben vielleicht nur ein oder zwei Bücher, oder es wird eben wenig gelesen", weiß Stephanie Knauft.
Leseförderung durch Projekt Büchertürme
Das Projekt Büchertürme der Stadtbibliothek zeigt, wie Leseförderung anders gestaltet werden kann. Ausgedacht hat es sich eine Hamburgerin, weil ihre Heimatstadt bei der PISA-Studie im Lesetest schlechter dastand als die Stadt Schanghai. In Stralsund gibt es das Projekt seit 2017. Erlesen werden die Wahrzeichen der Stadt. In diesem Jahr ist es die Umzäunung des Zoos. "Man sucht sich Sachen, die jeder Stralsunder kennt und bei denen sich jeder angucken kann, worüber er oder sie liest", erläutert Bibliothekarin Knauft.
Bis zu 500 Kinder nehmen an Projekt teil
400 bis 500 Kinder nehmen pro Schuljahr an den Büchertürmen teil. Auch die Lehrerin von Lotte, Fina Amalia und Jonathan, Kathrin Lusga, ist dabei. "Wir haben hier diese Listen von der Kinderbibliothek. Die hängen hier immer aus - im Klassenraum da drüben links. Hier tragen die Kinder ein, wer was gelesen hat, welcher Autor dieses Buch geschrieben hat. Das Spannende sind hinten die Zentimeter - die Breite des Buchrückens", erklärt Kathrin Lusga.
Die Zentimeter werden am Ende des Monats addiert und der Bibliothek gemeldet. Zehn Zentimeter entsprechen bei den Büchertürmen einem PISA-Punkt. Die Klasse mit den höchsten PISA-Punkten ist Monatssieger. In den vergangenen drei Monaten war es die 3c der Montessori-Grundschule Stralsund.
Zur Einschulung eine Anmeldung für die Bibliothek
4.500 aktive Nutzer hat die Stadtbibliothek, sagt Leiterin Sylvia Lieckfeldt. "Wir haben in diesem Jahr ämterübergreifend zusammengearbeitet und mit den Einschulungsbenachrichtigungen für die Eltern auch gleichzeitig den Eltern eine Anmeldung für die Bibliothek mit ins Haus gesendet", berichtet Lieckfeldt. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist die Nutzung der Bibliothek kostenlos.
Förderverein wirbt aktiv in Kindergärten und Schulen
1.400 Kinder bis zwölf Jahren wurden im vergangenen Jahr angemeldet. Damit es noch mehr werden, lassen sich Sylvia Lieckfeldt und ihr Team einiges einfallen. Unterstützt werden sie dabei vom Förderverein der Stadtbibliothek. "Es geht los mit 'Bibolinchen'. Dann gehen wir in die Kindergärten und die Kindergärten kommen hier zu uns ins Haus. Wir besuchen jede erste Klasse in der Schule, lesen eine Geschichte vor, stellen uns vor, erzählen von der Kinderbibliothek, laden sie ein zu uns ins Haus", schildert Lieckfeldt die Bemühungen der Stadtbibliothek.
Vom Bastelnachmittag zur Facharbeitsrecherche
Ab Klasse zwei kommen Lehrer und Schüler dann regelmäßig, um sich Bücher auszuleihen. Dazu kommen Bastelnachmittage und Puppentheater. Später nutzen Schulen das Angebot, um sich über aktuelle Themen zu informieren: Recherche, Facharbeit, Quellenangabe. "Wir sind eigentlich ein lebenslanger Begleiter fürs Lernen. Man kann von null hier anfangen und dann ein Leben lang treu bleiben", sagt Bibliotheksleiterin Lieckfeldt.
Was bleibt nach dem Ende des Projekts?
Mit der vierten Klasse endet das Projekt Büchertürme für Lotte, Fina Amalia und Jonathan. Gehen sie nun öfter in die Bibliothek? "Ich habe es früher sehr oft gemacht, aber jetzt gerade nicht mehr so viel. Aber ich mach' das wahrscheinlich auch wieder mit meiner Schwester", sagt Lotte. Ihre Klassenkameradin Fina Amalia plant ebenfalls Besuche in der Bibliothek: "Wir wollten uns das auch wieder vornehmen, mit dem Fahrrad mal wieder in die Stadt zu fahren und uns Bücher zu auszuleihen."
Im vergangenen Schuljahr war ihre Klasse einmal Monatssieger. Darauf hoffen die drei auch jetzt wieder.