Liv Strömquist: Ein Comeback der Gefühle, des Unkontrollierbaren
Am Valentinstag blicken wir auf die Liebe - und das tut auch die schwedische Comic-Autorin Liv Strömquist: Denn die romantische Liebe ist immer wieder Thema in ihren Werken. Sie geht der Frage nach: Können wir die große Liebe heute noch finden?
Auf der Pressekonferenz anlässlich ihrer Verlobung 1981 wurden Prinz Charles und Diana gefragt, ob sie denn ineinander verliebt seien:
" …and I suppose in love!?"
"Of course!"
"Whatever 'in love' means …"
O-Ton von Diana und Charles
"Whatever 'in love' means - was auch immer 'verliebt' heißen mag …", lacht der heutige König des Vereinigten Königreichs, Charles III. An seiner Seite: die schüchtern wirkende Diana, deren große Augen sich in just diesem Moment unsicher von ihm abwenden. Diese denkwürdige Szene, die damals durch die Boulevardpresse ging, greift Liv Strömquist in ihrer Graphic Novel "Der Ursprung der Liebe" auf, als eine von vielen Schwarz-weiß-Illustrationen über berühmte Paare. Dabei stellt sie sich und den Leserinnen und Lesern die Frage: Was bedeutet hier eigentlich Liebe?
Liebe: Sinnstiftend - und verwirrend
"Die Liebe hat einen besonderen Stellenwert in unserer Gesellschaft eingenommen. Das war nicht immer so", sagt Strömquist. "Vor vielen hundert Jahren spielte die romantische Liebe eine eher untergeordnete Rolle. Heute funktioniert sie wie ein Kompass dafür, wie wir unser Leben organisieren, mit wem wir zusammenziehen, eine Familie gründen und so weiter." Die romantische Liebe sei laut Strömquist daher sinnstiftend, bringe gleichzeitig aber auch viel Verwirrung mit sich - wie sie der damalige Prinz Charles 1981 öffentlich äußerte.
Eine weitere These: Es sei die romantische Liebe, die die Rolle der Religion in der westlichen Welt übernommen habe. Da, wo vor Jahrhunderten über Jesus und den Wunsch, in den Himmel zu kommen, gesungen wurde, gehe es jetzt um das Suchen und Finden der wahren Liebe - dafür gelte es hart zu arbeiten.
"Wir sind immerzu mit uns selbst beschäftigt"
Aber lässt sich so leicht steuern, in wen wir uns verlieben? In Strömquist Graphic Novel "Ich fühl's nicht" zieht die 1978 im schwedischen Lund geborene Comic-Zeichnerin Parallelen: zwischen dem narzisstischen Hang zur Selbstverwirklichung und dem Unvermögen, sich in Liebesdingen auf eine bestimmte Person festzulegen.
"Wir leben in einer sehr individualisierten Gesellschaft, sind immerzu mit uns selbst beschäftigt", findet die Autorin. "Diese ganze Selbstachtsamkeitsbewegung, die besagt, dass du diejenige bist, die über dein Leben bestimmst - die steht doch im Kontrast zu einem romantischeren Blick auf Liebe, dass da was in dich gefahren ist, als du jemanden getroffen hast, dass es Schicksal war oder so. In 'Ich fühl's nicht' frage ich mich, ob diese Idealvorstellung, selbst alles im Leben steuern zu können, dazu führt, dass wir dadurch weniger stark empfinden."
Strömquist: Mehr Spontaneität im Alltag wagen
In den Fokus nimmt Strömquist den Schauspieler Leonardo DiCaprio, der fast jährlich seine sehr viel jüngeren Partnerinnen wechselt und keine länger andauernde Liebesziehung hat. Eine Folge des Spätkapitalismus, konstatiert Strömquist. Hier illustriert in der Hörspiel-Adaption "Ich fühl's nicht" von Deutschlandfunk Kultur:
Wenn man sich intuitiv und irrational verliebt, weiß man ja oft nicht besonders viel über die Person, in die man sich verliebt. Oft ist es ja genau andersherum: Erst wenn man sich in jemanden verliebt, fängt man an, die Sachen zu mögen, die diese Person mag oder macht. "Er isst immer Eier mit Speck zum Frühstück. Gibt es etwas Entzückenderes? Eier! Mit Speck!" Ausschnitt aus dem Podcast "Ich fühl's nicht"
Ein Comeback der Gefühle, des Unkontrollierbaren, das fordert Liv Strömquist - selbst wenn das aus feministischer Sicht zu ungleichen Machtverhältnissen in Beziehungen führen kann. Anstatt sich von einem Tinderdate zum nächsten zu wischen, wünscht sich die Schwedin mehr Spontaneität im Alltag, weniger Angst vor dem Sich-Verlieben und: dass wir wieder milder mit uns selbst umgehen. So könnte sich auch der Blick für andere öffnen. Denn berechnen lässt sich die romantische Liebe nicht.
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