Elke Bergsma: Wenn Ostfriesen morden
Die in Leer wohnhafte Autorin Elke Bergsma hat sich mit Krimis einen Namen gemacht. Für ihren Werdegang spielen in ihrer Kindheit die "Fünf Freunde" von Enid Blyton eine wichtige Rolle.
Kühe auf weiten Wiesen, Schafe auf grasgrünen Deichen und die typischen Leuchttürme entlang der Küste: Die Landschaft in Ostfriesland spiegelt sich in den Krimis von Elke Bergsma wider. Kein Wunder, schließlich ist sie in der Gegend aufgewachsen. Zwar wird sie 1968 in Witten an der Ruhr (Nordrhein-Westfalen) geboren, ist dann aber ab dem zweiten Lebensjahr als Tochter einer Ostfriesin und eines Niederländers in Ostfriesland zu Hause, zunächst in Wirdum, dann in Canhusen.
"Ich habe mich als Kind auf dem Land immer sehr wohl gefühlt", sagt sie im Gespräch mit dem NDR. Und sie saugt dort viel auf, verinnerlicht typische Stimmungen und Verhaltensmuster. Die Ostfriesen seien schon ein "spezielles Völkchen mit einigen Eigenarten". Das habe aber sehr viel Charme. Mehrere Jahre lebt Bergsma in Hessen, was ihr den Blick von außen auf ihre Heimat ermöglicht. Auch die Meinungen anderer geben ihr ein vielfältigeres Bild, was sie fürs Schreiben zu nutzen weiß. Ähnlich wie die Engländer hätten die Ostfriesen einen Hang zu schwarzem Humor. Deshalb lässt die Autorin diesen gern mal in ihre Krimis einfließen. 2015 kehrt sie in den Norden zurück und lebt in Leer.
Roman-Schauplätze machen Ostfriesen stolz
Dass sie aus Ostfriesland sozusagen ein literarisches Tal des Todes macht, haben ihr die Einheimischen nicht übel genommen. Im Gegenteil: Sie waren und sind "voller Stolz", berichtet Bergsma. Auch die Leserschaft ist dankbar für jeden neuen Krimi. Seit 2013 lösen Kommissar David Büttner und sein Assistent Sebastian Hasenkrug schon äußerst erfolgreich Fälle. "Und die Leser wollen mehr", sagt Bergsma. Weitere Bände seien fast schon die logische Konsequenz. Hilke Wibben und Franziskus Weerts bilden in einer weiteren Krimireihe ein privates Ermittlerduo. Ihre Fälle reichen dabei weit zurück in die Vergangenheit. 2018 kreiert Elke Bergsma die Figuren Sophie Reimers und ihren niederländischer Kollegen Arie van Dijk. Gemeinsam klären sie grenzüberschreitende Mordfälle auf.
Die Autorin schreibt im Schnitt vier Bücher pro Jahr. "Das ist ein eingespielter Rhythmus. So funktioniert es", sagt sie über ihre Arbeitsweise. 2.000 Wörter schreibe sie täglich. Pro Roman fielen zwei Monate reine Schreibarbeit an, Lektorat und Marketing kämen noch hinzu.
Bergsma: "Enid Blyton hat mich inspiriert"
Für Bergsmas Werdegang spielt Enid Blyton eine wichtige Rolle. "Fünf Freunde auf der Felseninsel" - das sei eines ihrer Lieblingsbücher gewesen, berichtet sie. "Ich mochte diese Stimmung, diese Spannung, den Sommer dort, die Picknicks", erinnert sich die Autorin auch heute noch voller Begeisterung. "Blyton hat mich inspiriert." Und sie weiß schon damals: "Solche Bücher will ich auch schreiben." Bis es jedoch so weit ist, dauert es einige Jahre. Denn Elke Bergsma schlägt zunächst andere Berufswege ein: Sie ist Diplom-Geografin, arbeitet als PR-Beraterin und als Projektentwicklerin für Energiegenossenschaften.
Doch dann - im Mai 2013 - lädt sie drei Manuskripte, für die sich niemand interessieren wollte, als E-Book bei Amazon hoch. "Eine meine besseren Ideen", sagt sie nur wenige Wochen später über ihren Selbstverlag. Seitdem läuft es bei der Schriftstellerin. Seit Anfang 2014 schreibt sie hauptberuflich und hat inzwischen rund zwei Millionen Exemplare verkauft. Das bedeutet: Sie ist Bestsellerautorin.
Auch Liebesromane und Thriller sind im Repertoire
Bergsma schreibt nicht nur Krimis, sondern auch Liebesromane. Ihr Werk "Single, alleinerziehend" hat sie bereits 2007 unter dem Pseudonym Jule Meeringa veröffentlicht. Mit dem anderen Namen schafft sie eine Abgrenzung zum Krimi-Genre. 2016 kommt der Liebesroman "Lebkuchen für den Nikolaus" hinzu. Bergsmas Geschichten wirken authentisch und sind für die vorwiegend weibliche Leserschaft gut nachvollziehbar.
Der Arktis-Thriller "Verloren im Eis", sei "eine ganz neue Herausforderung" gewesen, sagt Bergsma. Daran zu schreiben, habe ihr Geografenherz höher schlagen lassen. In dem Buch geht es um eine junge Frau, die das Geheimnis um ihren bei Spitzbergen verschwundenen Freund aufklären möchte. Dabei gerät auch sie in der lebensfeindlichen Eiswüste in Gefahr.
Ideen entstehen auch mal an der Supermarktkasse
Wie kommt sie immer wieder auf Ideen für neue Fälle? Die Autorin erzählt, dass sie viel nebenbei aufschnappe, was interessant für ein Buch sein könnte: "Das kann im Supermarkt an der Kasse sein - banale Alltagssituationen eben." So entsteht eine Grundidee. Außerdem mache sie sich häufig Notizen über Gespräche und Wahrnehmungen. Diese finden dann womöglich erst viel später den Weg in eine Kriminalgeschichte.
"Schreiben über das Lesen gelernt"
Wie sie ein Buch schreiben soll, hat Bergsma nicht in einem Kurs gelernt. "Ich habe Schreiben über das Lesen gelernt", erläutert sie. So habe sie schon früh gewusst, wie ein Buch aufgebaut ist. Von starren Vorgaben hält sie nicht viel: "Wenn man sich zu sehr an Regeln hält, geht oft auch Authentizität verloren." Außerdem gebe es kein "Richtig" und kein "Falsch" beim Schreiben. Letztlich entscheiden die Leser, ob das Buch ein gutes Buch wird. Sprachgefühl zu haben, sei auf jeden Fall grundlegend. "Die deutsche Sprache gibt unheimlich viel her, um Emotionen zu wecken und Stimmungen zu vermitteln", sagt Bergsma. Wichtig sei für den Erfolg eines Regionalkrimis zudem, dass es Fallhöhen und Kontraste gebe. Davon wimmelt es bei unheimlichen Mordfällen im eigentlich ruhigen und beschaulichen Ostfriesland dann regelrecht.