Buchtipps für Weihnachten: Geschenkideen zum Fest
Bücher sind eines der beliebtesten Geschenke zu Weihnachten. Die Literaturredaktion von NDR Kultur hat Empfehlungen zusammengestellt - zum Verschenken oder zum Selberlesen.
Wer Bücher verschenkt, der sagt: Ich halte Dich für einen klugen Menschen, der gern liest. Und das ist schon mal für sich ein Kompliment. Aber welche Bücher kommen als Geschenk in Frage? Hier eine Auswahl der NDR Kultur-Literaturredaktion.
Olaf Kanter: "Randmeer"
Empfehlung von Jürgen Deppe
Olaf Kanter erzählt in "Randmeer" absolut mitreißend, unglaublich faktenreich, aber nie belehrend die Geschichte der Nordsee - also des Randmeers des atlantischen Ozeans. Und das von Vor-Vor-Vor-Gestern - als das Gebiet noch eine dürre Tundra war - bis heute, da die Nordsee einerseits zu einem Touristen-Hotspot geworden ist und andererseits zu einem enorm stark genutzten Industriegebiet für Energiegewinnung, Güterverkehr und Fischfang. Ein kleines Büchlein mit viel Wissen - dazu toll erzählt.
Philipp Oehmke: "Schönwald"
Empfehlung von Maren Ahring
Schönwald ist der Name der Familie, um die es hier geht. Vater, Mutter und die drei erwachsenen Kinder Chris, Karolin und Benny. Als Karolin einen queeren Buchladen in Berlin eröffnen will, reist die Familie zur Einweihungsparty an. Dabei kommt es zu einem Eklat und es stellen sich Fragen. Zum Beispiel: War Opa ein Nazi und hat er aus dem Regime Profit geschlagen? Philipp Oehmke erzählt seine Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, dadurch entsteht ein komplexes Bild der Schönwalds und ihrer Probleme. Das Besondere an diesem Buch ist, dass es komplett im Hier und Heute angesiedelt ist und aktuelle Themen literarisch verarbeitet - von der Alt-Right-Bewegung in den USA bis zur Wokeness in Deutschland. Alles nicht belehrend, sondern sehr gut lesbar und unterhaltsam.
Birgit Birnbacher: "Wovon wir leben"
Empfehlung von Alexander Solloch
Viel zu wenig beachtet wurde der wundervollste Roman dieses Jahres: "Wovon wir leben". Ein fabelhaftes Buch, der dritte Roman der Salzburger Schriftstellerin Birgit Birnbacher, ein Roman, der in einer poetischen, einfachen, zupackenden Sprache davon erzählt, wie das bis hierhin so einigermaßen geregelte Leben einer Frau Ende 30 plötzlich ins Schlingern gerät, und der die Frage stellt: Welche Begabung braucht es für das Glück? Und dann der letzte Satz - der hat mich einfach umgehauen. Der haut jeden um. Ein Satz, der mit wenigen Worten alles ändert - was für eine Kunst! Birgit Birnbachers Roman "Wovon wir leben" - wovon nämlich? Von Weihnachtsschokolade und solchen Büchern!
Nele Pollatschek: "Kleine Probleme"
Empfehlung von Joachim Dicks
In dem Roman "Kleine Probleme" kommt das Modewort "Prokrastination" gar nicht vor, aber genau darum geht es: um das Hinauszögern von Aufgaben, die einem unangenehm sind. Meistens ist es einfach nur ärgerlich, die Dinge lange vor sich herzuschieben. Sei es nun putzen, ein Bett für die Tochter aufbauen oder endlich die Einkommensteuer erledigen. Manchmal scheitern aber auch Beziehungen daran. Bei Lars, dem Protagonisten des Romans, droht gerade alles den Bach runterzugehen. Aber bis zum 31. Dezember will er nun all seine Vorhaben, die er schon lange vor sich herschiebt, erledigen. Und er hat noch genau sieben Tage Zeit. Ob er das schafft? Die To-do-Liste ist erstellt, und man darf mitfiebern und - lachen, weil dieser Lars oft wie ein Alter Ego oder ein Spiegelbild zu sein scheint. Dieser literarische Trost bereichert - erst recht zur Weihnachtszeit.
Sabrina Janesch: "Sibir"
Empfehlung von Anna Hartwich
Eine wirkliche Entdeckung in diesem nun ablaufenden Jahr ist dieser Roman. Literarisch kunstvoll, poetisch und absolut packend erzählt die Autorin von zwei Kindheiten: der von Vater Josef Ambacher, der nach dem Ende des zweiten Weltkriegs als Kind deutscher Zivilisten nach Kasachstan verschleppt wird, sowie der seiner Tochter Leila, die in den neunziger Jahren in Niedersachsen aufwächst. In diesem Buch lernt man viel über die deutsch-russische Geschichte, über das wundersame, mythengesättigte Kasachstan, über das Leben der Familie Ambacher, die Traumata von Vertriebenen, über ihre Verdrängungen und das liebevolle Bestreben der Tochter, diese zu überwinden, um der Vergangenheit eine Gegenwart zu verleihen. Ein großartiges Buch!