Bildschöne Bücher: Kultur- und Entwicklungsgeschichte des Computers
Die in der Menschheitsgeschichte einzigartige technologische Evolution des Computers von den Anfängen bis heute zeichnet der Bildband "The Computer" nach, ein fast 500 Seiten starkes Werk aus dem Taschen Verlag.
Eine Wand aus tausenden von Röhren, Kabeln und Schaltern: Wie eine mysteriöse Maschine aus einer anderen Welt sieht das Gerät auf einem doppelseitigen Foto gleich zu Anfang des Buchs aus. Es zeigt den perfekt ausgeleuchteten Nachbau von "Colossus" - ein raumfüllender Großrechner, mit dem die Briten in den 1940er-Jahren verschlüsselte Nachrichten des deutschen Militärs dechiffrierten.
"The Computer": Faszinierendes visuelles Kompendium
Von frühen Großcomputern über leistungsfähige Heim-PCs bis hin zu hocheffizienten Rechenzentren und das inzwischen allgegenwärtige Internet: "The Computer", der fast vier Kilo schwere Wälzer aus dem Taschen Verlag, schlägt einen weiten Bogen. Das Buch bietet eine Art bebilderte Kultur- und Entwicklungsgeschichte des Computers. Im Vorwort heißt es:
Je mehr man sich mit der Entwicklungsgeschichte des Computers auseinandersetzt, (…), je mehr Einblick wir in diese Geschichte erhalten, umso spannender erscheint uns die Technologie, mit der wir uns heute so selbstverständlich umgeben. Die Geschichte des Computers ist eine, die längst noch nicht abgeschlossen und auserzählt ist. Leseprobe
Neben den Texten sind es vor allem die vielen Abbildungen, die den Reiz des Buchs ausmachen. Fast tausend Bilder - darunter Fotografien, Konstruktionszeichnungen und Werbeanzeigen - hat der Autor des Buchs, der Grafikdesigner Jens Müller, zusammengetragen. Er liefert damit vor allem ein faszinierendes visuelles Kompendium, das dem ästhetischen Aspekten des Computers in all seinen Entwicklungsstadien huldigt.
Gottfried Wilhelm Leibniz: Der Computer-Pionier
Das Buch beginnt dabei noch vor der industriellen Revolution, als im 17. Jahrhundert erste kunstvoll aus Holz und Metall gefertigte Rechenmaschinen aufkamen. Der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz etwa, so zeigt der Abdruck eines Briefes, beschrieb bereits 1697 ein System zur Codierung von Zahlen:
Nun kann man wohl sagen, dass nichts in der Welt dies besser vorstelle, ja, gleichsam demonstriere, als der Ursprung der Zahlen, wie er allhier vorgestellt ist, durch deren Ausdrückung nur und allein mit Eins und Null (oder Nichts) alle Zahlen entstehen. Es wird wohl schwerlich in der Natur und Philosophie ein besseres Vorbild dieses Geheimnisses zu finden sein. Leseprobe
Leibniz' Idee nahm voraus, was erst im 20. Jahrhundert zum bis heute gültigen Prinzip maschinenbasierter Rechenoperationen wurde: das Binärsystem, bestehend aus Einsen und Nullen.
Was zunächst rein mechanisch funktionierte, übertrugen US-amerikanische Entwickler auf elektronische Schaltkreise und Elektronenröhren. Schwarz-weiß-Fotografien aus den 1950er-Jahren, aufgenommen in Forschungswerkstätten und Laboren von Universitäten und Firmen wie IBM oder Bell, muten wie Szenen aus Science-Fiction-Filmen an.
Von Computerchips, Speichermedien und Heim-PCs
Computer werden im Laufe der Jahrzehnte immer schneller und kleiner. Vor allem dank der Erfindung des Computerchips, der Millionen Rechenoperationen gleichzeitig erlaubt. Das Buch rückt die Lithium-glänzenden Scheiben ins rechte Licht. Parallel schreitet die Entwicklung von Speichermeiden voran: Lochkarten, Magnetbänder, Floppydiscs, CD-ROMs, USB-Sticks - was es nicht alles schon gab.
Werden Computer anfänglich vor allem vom Militär oder der Raumfahrt genutzt, durchdringt deren Nutzung mehr und mehr alle Lebensbereiche - davon zeugt das Buch "The Computer" eindrucksvoll. Wichtiger Meilenstein dabei: die Rechner für den Heimgebrauch - eng verbunden mit Firmen wie Microsoft, Apple und Commodore. Auf einem Foto aus den später 1970er-Jahren posiert der damals noch junge Bill Gates, Gründer des Megakonzerns Microsoft, vor klobigen Computer-Prototypen. An anderer Stelle: Steve Jobs mit seinem "Apple One", dem Vorläufer des Apple Macintosh - ein Monstrum aus Stahlblech und Holz.
Technologie und schickes Design
Und auch das ist Computergeschichte: Ohne Halbleitertechnik und ohne Software-Programmierung wären auch die Atari-Spielkonsolen nie möglich geworden. Die Daddelmaschinen mit Steuerknüppel made in Japan, vertrieben zwischen 1977 und 1992, präsentiert das Buch als regelrechte Designobjekte.
Überhaupt, Technologie und schickes Design gehen - das beweist "The Computer" - oft Hand in Hand. Computer dürfen, ja sie sollen gut aussehen. Futuristisch muten Rechner aus den 1980er-Jahren an, der Sinclair ZX80 etwa. Oder der IBM 5150. "Cray One" heißt ein Supercomputer aus den 1970ern, der eher aussieht wie eine schicke Designer-Schrankwand. Selbst eine profane 3,5-Zoll-Speicherdiskette kommt noch als gefällig gestaltetes Objekt daher.
"The Computer" ist ein Buch, das unglaublich Spaß macht. Es ist prima zum Stöbern, zum Entdecken, sich erinnern. Und teilweise macht es angesichts längst verschwundener Computertechnik sogar ein wenig wehmütig.
The Computer. A History from the 17th Century to Today
- Seitenzahl:
- 472 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Taschen
- Bestellnummer:
- 978-3-8365-7334-4
- Preis:
- 60 €