Dave Hunter: "75 Jahre Fender" © Hannibal Verlag

Dave Hunters Hommage an eine Gitarre: "75 Jahre Fender"

Stand: 05.12.2021 06:00 Uhr

Der Bildband "75 Jahre Fender" richtet sich an die vielen Fans, an jüngere und ältere Amateure, die anfangen, von einer großen Karriere zu träumen oder diesen Traum längst aufgegeben haben.

von Knut Benzner

Kein anderes Instrument hat die Rockmusik so geprägt wie die Gitarre - die elektrische Gitarre! Relativ spät entwickelt, wie auch die dazugehörigen Verstärker, Anfang der 1930er-Jahre - und beides quasi aus der Not geboren: Die akustischen Gitarren waren in den großen Orchestern und in den noch größeren Tanzschuppen schlicht und einfach zu leise. Man hörte sie nicht.

Die E-Gitarre war für Musiker eine bahnbrechende Erfindung

Nun ist ein Bildband erschienen, der die Geschichte eines Herstellers erzählt, der seine Firma nach seinem Nachnamen nannte: Clarence Leonidas "Leo" Fender, 1909 in Anaheim/Kalifornien geboren, 1991 in Fullerton/ Kalifornien verstorben.

Der ehemalige Buchhalter und Radio-Reparateur war ein Tüftler - und wurde zu einem der Pioniere in der Geschichte der E-Gitarre, des E-Basses und der elektrischen Verstärker. "75 Jahre Fender" heißt der opulente Bildband.

Am Anfang war die Hawaii-Gitarre - ohne Hals und somit einfacher konstruierbar, sie ist braun und sieht aus wie ein bemaltes Brett, ein breit geklopfter Baseball-Schläger aus Holz, Draht, Stahl sowie spärlicher Technik:

Fast ebenso wichtig waren die Verstärker

Dann die erste Solidbody, ein Korpus aus massivem Holz, langer Hals, schmale Taille. Die Farbe? Beige oder tiefes Schwarz. Parallel dazu die Verstärker: ebenfalls beige mit Tweed-Bezug und dunklerer Lederschnalle, damit man ihn transportieren kann. Der Verstärker wirkt wie ein Möbelstück.

Fender veränderte alles: die Form der Gitarren, die Tonabnehmer, die Produktion. Eines der Fender-Modelle gilt als erster in Massenfertigung produzierter Massivkorpus: Die Telecaster - neben der Stratocaster die Gitarre schlechthin.

Robust, geschmeidig, elegant, federnd, laut, dröhnend und bisweilen drohend. Preiswert waren sie nicht: Eine Telecaster des ersten Modells kostete 1950 230 Dorrar - der Monatsverdienst eines Arbeiters. Eine Cola lag bei 5 Cent.

Fender-Gitarre: Instrument, das Musikgeschichte schreibt

Eric Clapton mit Fender Gitarre © Hannibal Verlag
Eine Seite aus dem Bildband "75 Jahre Fender" zeigt den Musiker Eric Clapton.

Der Band besticht durch bisher unveröffentlichtes Bildmaterial. Was der Autor Dave Hunter da zusammengetragen hat, ist enorm und erstaunlich: Natürlich sind da die Hochglanzfotos von Jimi Hendrix, begleitet von vielen, vielen anderen Gitarristen, die ihre Fender liebevoll im Arm halten, als wäre sie eine Geliebte - was sie auch ist.

Ebenso natürlich ist Eric Clapton, umgeben von kleinen und großen Verstärkern, mit seiner anthrazitfarbenen Stratocaster dabei: Diese Gitarre, sagt er, ist Rock´n´Roll, diese Gitarre wurde für Leute entwickelt, die Rock´n´Roll spielen, sie ist sexy - und sie hat alles. Sie gehört zum Rock´n´Roll.

220 Seiten über ein einziges Instrument und dessen diverse Modelle: eine Fender am Strand vor einer Frau im Bikini, die märchenhafte Werbeästhetik der 70er-Jahre. Was spielt der böse Wolf? Was trägt Schneewittchen um den Hals, was spielen die Sieben Zwerge? Fender.

Dokumentation einer sich wandelnden Ästhetik

Da sind die gelegentlichen Fotografien aus der Produktion in Fullerton; und da ist selbstverständlich Leo Fender, der Firmengründer, der kleine Mann mit dem lichten Haar und der großen Brille hinter seinem Schreibtisch, beim Schrauben, auf seiner Hochseeyacht in einem Hafen auf Hawaii.

Von einer Blechgarage hinaus in die Welt, große Erfolge, niederschmetternde ökonomische Rückschläge. Man sieht den Gitarren die sinkende Qualität quasi an - auch die dokumentiert leidenschaftliche Liebe.

Dass dieser fotografische Glanz-Band sich an die vielen Fans richtet, an jüngere und ältere Amateure, die anfangen, von einer großen Karriere zu träumen oder diesen Traum längst aufgegeben haben, ist klar.

Darüber hinaus zeigt er Porträts und Zeugnisse der Zeit, in jeder Beziehung: In puncto Ästhetik, in puncto Moden, die sich verändern, in Werbung und Marotten.

75 Jahre Fender

von Dave Hunter, aus dem Englischen von Alan Tepper, Andreas Schiffmann
Seitenzahl:
224 Seiten
Genre:
Bildband
Zusatzinfo:
Festeinband, 20,3 x 27 cm, 172 Farb- und S/W Abbildungen, Englisch
Verlag:
Hannibal
Bestellnummer:
978-3854456995
Preis:
50,00 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 05.12.2021 | 17:40 Uhr

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