Die Autorin Mirna Funk in einer Straße in Berlin. © IMAGO / tagesspiegel Foto: Doris Spiekermann-Klaas

Mirna Funk: Stimme der jüdischen Community in Deutschland

Stand: 26.02.2021 11:03 Uhr

Das Festjahr "1.700 Jahre Judentum in Deutschland" könnte eine Chance sein, durch mehr Begegnungen Vorurteile abzubauen. Dabei spielen die Sozialen Medien eine immer wichtigere Rolle.

von Anina Pommerenke

Mirna Funk hat 20.000 Follower auf Instagram. Die Journalistin und Autorin erzählt auf ihrem Kanal mal von ihrem Umzug oder dem letzten Urlaub. Immer wieder geht es aber auch um jüdische Traditionen und das Leben als Jüdin in Deutschland. In einem knallgelben, mit funkelnden Talern bestickten Outfit erklärt sie zum Beispiel die Tradition hinter dem Purim-Fest oder wie man Chanukka korrekt ausspricht.

Auf Instagram vom jüdischen Leben erzählen

Offen mit ihrem Judentum umzugehen ist für sie langfristig die einzige Chance, Antisemitismus zu begegnen. Das größte Problem sei, dass es in Deutschland kein Wissen zu jüdischem Leben gebe, meint Funk: "Es gibt ein schulisches Wissen und ein medial geprägtes zur Shoah. Aber damit hat es sich dann eigentlich", so die Autorin.

Wie viele Juden leben eigentlich in Deutschland? Wie leben sie? Was bedeutet ihnen das Judentum? All das sind laut Mirna Funk Fragen, auf die die wenigsten Deutschen eine Antwort hätten. Das Volk der Juden sei ethnisch und auch in Hinblick auf seine gelebten Traditionen, Rituale und seine Religion sehr plural, gibt sie zu Bedenken. Während sich das in deutschen Medien kaum wiederspiegele, nennt sie amerikanische Medien als Vorbild: "Da gibt es Serien oder Filme, in denen jemand ganz normal Chanukka feiert - und daraus wird dann nicht irgendein Klischee mit irgendeinem orthodoxen Juden. Die sehen alle ganz normal aus, weil die auch wissen, dass Juden ganz normal aussehen und trotzdem Chanukka feiern", berichtet sie und lacht.

Stimme der jüdischen Community in Deutschland

Durch ihren offenen Umgang mit dem Judentum ist Funk in den vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten Stimmen der jüdischen Community in Deutschland geworden. Auch im Festjahr "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" ist sie daher prominent engagiert: In einem Podcast versucht sie, jüdischem Leben klischeefrei zu begegnen. So wie etwa im Gespräch mit dem Juristen Leo Schapiro, der sich für die queere jüdische Community engagiert:

Obwohl ich mich selbst gar nicht als religiöser Jude bezeichne, finde ich diesen Begriff des "Cultural Jew" ganz schön - weil ich für mich jüdische Identität ganz stark als eine kulturelle Identität sehe. Und gleichzeitig ganz stark als ein Gefühl der Heimat. Leo Schapiro

Diskussionen und Bildungsformate geplant

Jüdische Identität ist auch ein zentrales Thema in Mirna Funks Artikeln und Romanen: Gerade ist der Roman "Zwischen du und ich" erschienen, in dem die Protagonistin versucht, vor der gewaltvollen Vergangenheit zu fliehen. Und auch auf Instagram will sie gemeinsam mit einem Freund, der eher traditionell lebt, ein Bildungsformat gestalten, erzählt sie: "Es ist was ganz typisch jüdisches - in einen Shi'ur zu gehen, ein Diskussionsformat mit anderen. Wir würden zukünftig gerne nicht nur informieren, sondern auch Veranstaltungen - hoffentlich 'nach Corona' - kuratieren, in denen es wirklich nur um die philosophische und kulturelle Komponente des Judentums geht, von der ja auch Nicht-Juden profitieren können."

Facettenreiches Angebot auf Instagram

Auf Instagram finden sich mittlerweile zahlreiche Seiten, auf denen jüdisches Leben in Deutschland in all seinen Facetten: Mode, Kunst, Essen - oftmals auch sehr humorvoll gezeigt wird: Zum Beispiel bei "juedisch.und.deutsch", "insta.jews" oder "keshet_de". Welchen Effekt Interesse und Austausch haben, zeigt auch das Begegnungsprojekt "Meet a Jew" des Zentralrats der Juden. Dabei besuchen jüdische Deutsche zum Beispiel Schulklassen oder Sportvereine.

Voruteile abbauen durch Begegnung

Laut Projektleiter Marat Schlafstein habe man im ersten Jahr viele positive Erfahrungen gesammelt: "Die Leute können Judentum richtig erleben, alle ihre Fragen stellen, Sachen probieren und anfassen - auch Kippot (Mehrzahlt von Kippa) und Gebetsbücher zum Beispiel. Und diese Leute sind dann auch Multiplikatoren, die dann auch ein bisschen resistenter gegenüber Vorurteilen sind, weil sie Judentum wie es tatsächlich ist, auch ein bisschen erlebt haben."

Es steht außer Frage: das Erinnern an den Holocaust und die damit verbundenen Verbrechen darf niemals aufhören. Aber Judentum ist weit mehr als das - es ist ein vielfältiger Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Und es darf durchaus Spaß bringen, sich damit auseinanderzusetzen.

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Dieses Thema im Programm:

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