Porträt der jüdischen Gemeinde in Celle
Anlässlich des Festjahrs zu 1.700 Jahren jüdischen Lebens auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands stellen wir die jüdische Gemeinde in Celle vor.
Die Klarinettistin Matan David ist Beauftragte für Musik und Liturgie in der jüdischen Gemeinde in Celle. Vor der Corona-Pandemie ist sie oft dort aufgetreten, allein mit ihrer Klarinette oder mit ihrem internationalen Euphoria-Ensemble. Sie ist in Israel geboren und aufgewachsen. In der jüdischen Gemeinde in Celle fühlt sie sich aber mittlerweile zuhause: "Das jüdische Leben in Celle ist sehr reich - vor Corona auf jeden Fall -, es gibt sehr viele Veranstaltungen. Wir haben uns zu Gottesdiensten nicht jede Woche getroffen, aber es ist trotzdem sehr lebendig gewesen."
Eine kleine, aber aktive Gemeinde
Die Gemeinde ist mit 52 Mitgliedern eher klein, sagt Patrick Hahne aus dem Vorstand, aber aktiv: Vor der Pandemie haben Gläubige aus allen Generationen zum Lichterfest gemeinsam die Kerzen angezündet, und auch die anderen großen Feste begehen sie normalerweise zusammen - wie Sukkot, das Laubhüttenfest. "Zu Sukkot baut ein Gemeindemitglied im Innenhof der Synagoge eine Sukka auf, also die traditionelle Laubhütte. Man isst zusammen, man hat Gespräche, man verbringt viel Zeit miteinander", erzählt Hahne.
In Celle bekommen auch nicht-jüdische Menschen viel vom jüdischen Leben mit, sagt Hahne - durch Kulturveranstaltungen der Christlich-Jüdischen Gesellschaft und des Vereins "Kultur Trifft". Patrick Hahne ist Lehrer an einer Förderschule. Es liegt ihm am Herzen, dass gerade Kinder und Jugendliche keine Vorurteile gegenüber Juden aufbauen: "Wir arbeiten zum Beispiel ganz intensiv mit einer Oberschule zusammen. Seit einiger Zeit gestalte ich dort mit anderen Kollegen Gedenkveranstaltungen. Wir machen ganz intensive Arbeit im Bildungsbereich mit einer Grundschule. Da kommen die Kinder aus der vierten Klasse jedes Jahr zu uns in die Synagoge und wir machen mit denen Workshops."
"Der wachsende Antisemitismus ist ein großes Problem"
Auch die Stadtführungen der Stadt Celle haben die Synagoge als Station. Sie ist eines der wenigen im Original erhaltenen jüdischen Gotteshäuser aus dem Grund, dass die Nationalsozialisten das Fachwerkgebäude nicht in Brand steckten, weil sie fürchteten, das Feuer könnte auf die umliegenden Häuser übergreifen. Seit 1997 beherbergt die historische Synagoge wieder die jüdische Gemeinde. Aber aktuell macht sich Patrick Hahne zunehmend Sorgen: "Der wachsende Antisemitismus ist ein großes Problem. Nach den Anschlägen von Halle haben die meisten jüdischen Gemeinden damit zu tun, die nicht ausreichend ausgestatteten Gebäude sicherheitstechnisch aufzurüsten. Das ist ein großes Problem, was mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist."
Auch Matan David sieht antisemitische Tendenzen in der Gesellschaft, aber bezeichnet sich selbst als grundsätzlich optimistisch. Sie erfährt viel Offenheit von anderen Menschen: "Es gibt natürlich auch die Leute, die neugierig sind. Sie sagen: Ja, das interessiert uns, das wollen wir anhören, wollen die Gemeinde kennenlernen, haben einfach nur Fragen."
Die Klarinettistin wünscht sich jetzt vor allem, dass die Pandemie bald vorbei ist, dass man sich wieder treffen und zusammen feiern, singen und musizieren kann.