Trekking-Tour mit Cello und Bach
Wenn Isabell Faust oder Gidon Kremer in den Trentiner Dolomiten unterwegs sind, sind sie nicht zum Wandern da. Beim legendären Festival "Sounds of the Dolomites" spielen sie für ihr Publikum unter freiem Himmel irgendwo auf den Bergen und in den Tälern des Trentino.
Auftakt zu diesem einmaligen Festival war vor knapp zwei Wochen. Zusammen mit dem Cellisten Mario Brunello sind einige Klassikfans durch die Berge gestiefelt, um besondere Musik an besonderen Orten zu hören.
St. Martino di Castrozza ist ein malerisches Bergdorf im Trentino - rund anderthalb Stunden von Venedig entfernt in den südlichen Dolomiten. Ausgangspunkt für knapp 40 Wander- und Klassikfreunde. "Was mich wirklich hergelockt hat", erzählt Teilnehmerin Barbara Innecken, "ist dieses Zusammenspiel zwischen Natur und Musik, von Natur und Kultur und in der Kombi mit dem Laufen und ich bin sehr, sehr gespannt auf die Begegnung, wenn die Töne mit der Natur verschmelzen."
In den Bergen die Musik erleben
Einer fällt mit seinem knallroten Cellokoffer besonders auf: Mario Brunello. Der bekannte italienische Cellist ist einer der musikalischen Leiter des Festivals und seit Beginn an dabei. Sein musikalisches Trekking ist ein Highlight der "I Suoni delle Dolomiti" - der Klänge der Dolomiten: "Das Trekking ist fundamental für das Festival und es ist zurück zu seinen Wurzeln. Das Besondere ist nämlich, dass man zusammen mit Bergfreunden in der Natur, in den Bergen die Musik erlebt."
Konzerte zwischen Felswänden
Und dann gehts auch los. Seilbahnen bringen die Gruppe auf 2.600 Meter. Von dort geht es drei Tage zu Fuß quer durch die Pala, eine bedeutende Gebirgsgruppe der Dolomiten. Vor knapp 50 Jahren gab es hier noch imposante Gletscher. Ein kleiner Rest ist nur noch übrig geblieben. Das Plateau und die Pässe ähneln einer Mondlandschaft mit ihren hellgrauen, rauhen Steinen. Felstürme ragen wie aufgeblähte Orgelpfeifen in den Himmel und steile Schluchten lassen einen schon einmal tief durchatmen. Doch zwischendrin gibt es immer mal wieder kleine Teppiche aus Gras, Klee und Wildblumen. Für Mario Brunello spontan ein guter Ort für ein Konzert.
Abendstimmung in den Bergen
Brunello spielt Bach. Viele der Zuhörer sind fasziniert. Ein klarer reiner Klang ohne Rückhall, so unverstellt wie die Berge. Der Weg führt weiter entlang der Felswände. Oft nicht breiter als ein Einkaufswagen. Auch ein Klettersteig muss überwunden werden. Halt bieten da teilweise nur schmale Metalbügel in der Felswand und ein Drahtseil. Der Lohn der Mühe, atemberaubende Sonnenuntergänge auf der Berghütte mit einem Farbenspiel, kräftiger als jedes Turner-Gemälde.
Abschlusskonzert auf 2.600 Metern
Nach drei Tagen Bergwandern und einigen Konzerten in einer spektakulären Landschaft, fiebern viele auf das Abschlusskonzert hin, auch Mario Brunello. Er wählt ein kleines Tal in der Nähe des Refugio Rosetta, ähnlich einem kleinen Amphitheater nur aus Felsen. Mehr als Tausend Menschen kommen auf die 2.600 Meter und hören gebannt zu. Danach hängen viele Teilnehmer lange noch ihren Gedanken nach, wie Barbara Inicken: "Ich erinnere mich daran, als wir auf diesem zurückgegangenen Gletscherfeld waren. Da hat Mario dieses armenische Volkslied gespeilt. Und es war für mich wie ein Abgesang auf die Gletscher die immer weniger werden."
Einmalige Verbindung zwischen Musik und die Dolomiten
Auch Mario Brunello lächelt glücklich: "Was mich besonders freut ist, dass ich festgestellt hab, dass das Publikum die Analogie zwischen Musik und Berg genauso wahrgenommen hat, wie ich das gern vermitteln wollte und das ist eine ganz große Freude für mich." Musik und die Dolomiten, eine Verbindung die wohl nur dieses Festival für viele so eindringlich erfahrbar machen lässt.