Sven Schelker: Shooting Star mit Ambitionen
Der Schauspieler Sven Schelker gehört seit 2012 zum Ensemble des Thalia Theaters. Er stand bisher in kleineren Rollen auf der Bühne. In "Romeo und Julia" zum Beispiel, in dem Handke-Stück "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" und in "Räuberhände" nach Finn-Ole Heinrich. Jetzt spielt der aus Basel stammende Schelker seine erste Hauptrolle. Den Gangster Macheath - genannt Mackie Messer - in Bertolt Brechts "Die Dreigroschenoper". Der 26-Jährige ist der Jüngste im Team.
Neben Theater auch Film-Dreharbeiten in der Schweiz
Sven Schelker trägt die Haare raspelkurz. Ohne die lange Strähne, die ihm sonst so smart ins Gesicht fiel. Die musste er sich für ein Schweizer Filmprojekt abschneiden lassen. Sven Schelker, 26 Jahre alt, blond, blauäugig und auf der Bühne eher der Junge, wirkt überraschend kompakt. Oder liegt das an dem kurzärmeligen T-Shirt? Seine Muckis jedenfalls sind nicht zu übersehen. "Das gehört auch zu diesem Schweizer Film, wo wir einen großen Teil jetzt im Sommer gedreht haben", erklärt Schelker. "Das hängt zusammen mit einer auch körperlichen Veränderung, die meine Figur, die ich da spiele, im Laufe des Films durchläuft. Also musste ich dafür Muskeln aufbauen. Und damit geht es jetzt noch weiter bis November - und dann muss ich alles wieder verlieren."
Für den Film hat er sogar seine Ernährung umgestellt. Um Masse aufzubauen, isst er hochkalorische Speisen mit Fett, vielen Kohlenhydraten und reichlich Proteinen. Die "Proteine bringen es", sagt er. Im November, wenn der nächste Dreh ansteht, soll er seine Figur so weit wie möglich "aufgepumpt" haben. Bodyforming für die Karriere. Eine Hose sei schon etwas eng geworden.
Gewinner des Shooting Star Awards
Im Moment läuft es richtig gut für Sven Schelker. Er spielt in der fünften Staffel der US-Fernsehserie "Homeland" mit, die im Sommer in Potsdam gedreht worden ist. "Ich glaube, das hatte damit zu tun, dass ich im Februar auf der Berlinale in diesem Shooting Star Programm war. Da kam man in regen Kontakt mit vielen Leuten, Casting-Leuten aus der ganzen Welt", sagt Schelker bescheiden beiläufig. Er hat einen Shooting Star Award gewonnen, eine Auszeichnung, von der viele Schauspieler träumen.
Der Preis wird auf der Berlinale an jeweils zehn europäische Jungdarsteller vergeben, denen damit die Möglichkeit gegeben wird, sich einem internationalen Fachpublikum zu präsentieren. Eine Riesenchance. Zu den Preisträgern früherer Jahre gehören Daniel Brühl und Moritz Bleibtreu. Das lässt hoffen. Mit der Rolle in "Homeland" hat Sven Schelker bereits eine erste Chance bekommen, in einer internationalen Produktion mitzuspielen.
Mit seinen blonden Haaren und den hellblauen Augen könnte er auch als Finne oder Schwede durchgehen. "Ich bin zu 100 Prozent Eidgenosse", sagt der Schweizer. "Aber wenn Leute raten, woher ich komme, kommen erstaunliche Sachen. Skandinavien ist ziemlich vorn. Ich habe auch schon russisch gehört oder holländisch." Auf manchen Fotos sieht er aus wie ein jüngerer Bruder Leonardo DiCaprios.
Berufswahl war eine Sache des Gefühls
Sven Schelker wurde 1989 in Reinach geboren, einer kleinen Stadt im Süden von Basel. Er hat Schultheater gemacht, 13 Jahre lang Geige gespielt, im Chor gesungen und war Mitglied einer Band. Die Musik war neben dem Schauspiel das Wichtigste für ihn. Dass er sich dann für die Schauspielerei entschieden hat, sei eine reine Gefühlssache gewesen, erzählt er. Studiert hat er in München an der Otto-Falckenberg-Schule, nach nur einem Vorsprechen hat es gleich dort geklappt. Barfuß habe er vorgesprochen und ohne Kostüm. Er habe sich verstellen wollen, sagt er. "Ich war auch nicht einer, der sich während des Studiums ausgemalt hätte, was danach passieren könnte. Ich habe auch nicht gesagt: 'Ah, ich will unbedingt da hin oder in dieses oder jenes Haus.' Ich wollte im Moment entscheiden, was sich gut oder richtig anfühlt."
"So ein Arschloch durfte ich noch nicht spielen!"
Aber er konnte es sich auch leisten, alles in Ruhe auf sich zukommen zu lassen. Nach der Schauspielschule wurde Schelker gleich ans Thalia Theater engagiert, einem der besten Häuser im deutschsprachigen Raum. Und nun spielt er den Macheath, einen ziemlichen Macho. "Das ist ein Gangster, ein richtiger Gangster", beschreibt der 26-Jährige die Rolle. "Das ist toll. So ein Arschloch durfte ich noch nicht spielen!" Wie er die Rolle anlegen würde, habe er sich vorher nicht überlegt, sagt er. Er habe sich eher mit dem Stück beschäftigt, denn das hatte er nie gelesen. Sven Schelker lacht: "Ich bin völlig unbefleckt in diese Arbeit reingegangen. Und wollte das auch nicht anders haben in dem Moment. Bei mir findet eine Rollenfindung eher durchs Tun statt. Gerade umso mehr, wenn man nicht allein spielt."
"Theater gibt mir einen sehr starken Boden "
Das sei ja das Tolle am Theater, sagt Schelker. Man stehe zusammen auf der Bühne und arbeite gemeinsam an einem Stück. Und der Film? Könnte er sich vorstellen, nur noch zu drehen? Sven Schelker atmet tief ein. Klar, habe er sich die Frage auch schon gestellt. In diesem Jahr sei so viel passiert. Aber nein. Wirklich in Betracht gezogen habe er das nie: "Das Theater gibt mir einen sehr starken Boden. Auch das Routinierte jeden Tag, sich mit den Leuten hier irgendwo einzuschließen und irgendwo dran rumzubasteln. Ich fühle mich hier viel zu wohl, als dass ich es aufgeben möchte. Das wäre alles andere als klug."