Pianist Sebastian Knauer über sein neues Album "Hollywood"
Sebastian Knauer hat gemeinsam mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Leitung von David Newman ein neues Album aufgenommen. "Es ist eine tolle Reise durch die amerikanische Filmmusik", findet der Hamburger Pianist.
Bei Deinem letzten Album hat der Filmkomponist Michael Nyman extra Mozart für Dich neu angefasst. Ist da auch Deine Liebe zur Filmmusik geweckt worden? Oder ist die schon viel älter?
Sebastian Knauer: Die ist tatsächlich sehr viel älter, denn ich bin ein großer Filmfan und gehe auch wahnsinnig gerne ins Kino, zelebriere das richtig, wie es sich gehört. Natürlich bin ich nicht nur mit den Augen, sondern vor allem auch mit den Ohren immer dabei. Mich hat immer fasziniert, wie ein Film durch die Filmmusik zum Leben erweckt wird. Ich hatte auch immer den Wunsch, selber mal Filmmusik zu spielen, hatte aber noch nie so richtig die zündende Idee. Ich wollte nicht ein Best-of Liebesthemen aus den größten Filmen spielen, sondern ich brauche immer so einen roten Faden in meinen Alben. Und da kam plötzlich David Newman um die Ecke, und ihn kennenzulernen, war sowieso schon ein eine Riesenfreude. Aber dann diese Geschichte der Familie Newman zu erzählen, begonnen beim Vater Alfred bis hin zu den Brüdern David und Thomas Niemann, verbunden noch mit allen Komponisten, die mit der Familie verbunden waren, von 1900 bis heute. Da war der Faden geschaffen, und so ist das Album entstanden.
Der Vater hat die Twentieth Century Fox-Fanfare geschaffen. Alfred Newman war Musikdirektor dort, und er hat im Grunde alle gekannt: Copeland, er hat mit Gershwin gearbeitet, eine ganze Dynastie im Grunde.
Knauer: So ist es. Es ist sehr spannend, wenn man David zuhört, was sein Vater alles gemacht hat in seinem Leben und wer um ihn herum war. Deswegen haben wir auch Komponisten gewählt, die durch Alfred Newman beeinflusst waren oder gefördert wurden. Dazu gehört Alex North, der "Spartacus" geschrieben hat, oder Jerry Goldsmith, der uns allen unter anderem durch "Basic Instinct" bekannt ist; Elmar Bernstein bis hin zu James Horner, der ein Freund der Familie war. Es ist schon sehr beeindruckend.
Es gibt David Newman, den Sohn, Thomas Newman, ein anderer Sohn - und Randy Newman gibt's auch, den Cousin...
Knauer: Das ist der Neffe von Alfred Newman. Ich habe beide Brüder, David und Thomas, häufiger gesehen hinsichtlich der Herstellung des Albums, und es ist schon unglaublich, was die alles geschaffen haben. David hat Soundtracks zu "Ice Age" und vielen anderen Animationsfilmen gemacht. Thomas Newmann hat von "Skyfall" bis "American Beauty" einen Blockbuster nach dem anderen gemacht. Das ist schon toll, wenn sich diese beiden Herren bereit erklären, neue Stücke zu schreiben. Das ist eine ganz große Sache für mich.
Manche Stücke sind extra für Dich arrangiert worden. In der Filmmusik steht das Klavier häufig unter ferner liefen - in diesem Fall steht es sehr im Vordergrund. Darauf ist bestimmt extra geachtet worden, oder?
Knauer: Richtig, das war die hauptsächliche Herausforderung. Ich wollte Filmmusik spielen, aber für großes Orchester. Und da hat David gesagt, er arrangiert es für mich. Die Twentieth Century Fox-Fanfare vom Vater ist im Original natürlich nicht mit Klavier, und hier klingt es wie ein Klavierkonzert. Da David Newman sein Handwerk so exzellent versteht, hat er diese Arrangements für mich als klassischen Pianisten geschaffen. Dadurch habe ich diese Freude, diese Stücke spielen zu können.
Häufig heißt es in Sachen Filmmusik, sie sei dann besonders gut, wenn sie gar nicht groß auffällt, sondern im Dienste des Visuellen steht. Filmmusik allein hat aber auch ihre Perlen, und da sind einige zu finden auf diesem Album. Was denn noch zum Beispiel?
Knauer: Es gibt ganz alte Filme, wie zum Beispiel "To Kill a Mockingbird" ("Wer die Nachtigall stört"), "Spartakus" mit Kirk Douglas, "Das Gewand", ein weiterer berühmter Film von Alfred Newman. Dann gibt es aber auch zum Beispiel eine Rhapsodie über zwei Songs, die Gershwin für Filme geschrieben hat: "Someone to Watch Over Me" und "Fascinating Rhythm". Die Rhapsodie hat der Jazzpianist Morton Gould geschrieben, der ein Riesenstar war. Diese Noten wurden mir von David handschriftlich zugeschoben; der hatte dieses Manuskript, und es wurde noch nie aufgenommen. Es ist ein fantastisches Stück, auch dadurch, dass Gershwin da als Grundlage dient. Es ist eine tolle Reise durch die amerikanische Filmmusik.
Auch das Cover ist sehr schön gestaltet: Da sieht man im Flügel den Titel "Hollywood" leuchten. Die Schrift ist in der Art eines der Leuchtkästen gehalten, die immer vor den Kinos zu sehen sind, mit den austauschbaren Buchstaben.
Knauer: Ganz genau. Das war so ein bisschen der Hintergedanke mit einem Designer zusammen, dass wir einen Bezug zu Hollywood haben.
Es wird dazu ein Konzert in Hamburg geben, und zwar Anfang Januar, richtig?
Knauer: Genau, am 7. Januar in der Elbphilharmonie im Großen Saal wird es dieses Programm geben, angereichert mit ein paar Werken der amerikanischen Klassik, die nicht auf dem Album sind. Es ist ein Konzert mit sehr großer Besetzung: Die Symphoniker Hamburg werden mit fast hundert Musikern auf der Bühne sitzen, David Newman wird die Leitung haben, und ich werde das Klavier entsprechend betätigen. Es gibt noch ein paar Tickets, es lohnt sich wirklich, es ist tolle Musik.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.