Freddie Frinton als Diener James und May Warden als alleinspeisende alte Dame. Diener James stolpert über das Tigerfell. © NDR/Annemarie Aldag
Freddie Frinton als Diener James und May Warden als alleinspeisende alte Dame. Diener James stolpert über das Tigerfell. © NDR/Annemarie Aldag
Freddie Frinton als Diener James und May Warden als alleinspeisende alte Dame. Diener James stolpert über das Tigerfell. © NDR/Annemarie Aldag
AUDIO: Himmelmaler Caspar David Friedrich und dreimal "K": Kafka, Kant und Kästner (4 Min)

Nachgedacht: "Dinner for One" - ewige Wiederkehr des Gleichen

Stand: 31.12.2023 07:30 Uhr

Zum Jahresende lieben wir die Rituale. In eine Welt voller Chaos bringen sie Ordnung und Struktur. Claudia Christophersen denkt über Rituale nach und wirft einen Blick nach vorn.

von Claudia Christophersen

Rituale können lästig sein, weil sie erwartbar sind, langweilig, einfallslos. Sie führen einem die "ewige Wiederkehr des Gleichen" vor Augen. Wir alle kennen "Dinner for One", können die Dialoge zwischen Miss Sophie und Butler James auswendig sprechen und schauen es dennoch jedes Jahr mit gelassenem Vergnügen an. Rituale haben eben auch ihr Gutes. Sie bringen Ordnung und Struktur ins alltägliche Chaos, können aufbauen, trösten, beruhigen.

Ein von mir wertgeschätzter Kollege blättert jedes Jahr am letzten Arbeitstag seinen Kalender durch. Geht mit langsamen Daumenkino Tag für Tag das Jahr durch. Danach ein Telefonat, ein "Tschüss" und "Guten Rutsch".

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"The same procedure as last year ...?" fragt Butler James (Freddie Frinton, r.) seine Lady, Miss Sophie (May Warden). © NDR Foto: Annemarie Aldag

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Caspar David Friedrich zeigt uns den Blick nach vorne

Caspar David Friedrich, dessen 250. Geburtstag im kommenden Jahr ansteht, zeigt uns seine Figuren meistens mit dem Rücken. Sie blicken nach vorne und wir mit ihnen, ihre Gesichter kennen wir nur selten. Nach vorne schauen - wie blicke ich ins neue Jahr? Nicht wirklich zuversichtlich, wenn ich an die omnipräsenten Krisenherde der Welt denke. Dann sind da aber Menschen, mit denen wir, gerade im Kulturleben, runde Jahrestage begehen: Kafka, Kant, Kästner.

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Kurator Markus Bertsch steht vor "Das Eismeer" von Caspar David Friedrich © Screenshot NDR

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Franz Kafka und die Leichtigkeit beim Reisen

Franz Kafka ist am 3. Juni 1924 gestorben, 100. Todestag also im nächsten Jahr. Seine Texte sind unvergessen: "Die Verwandlung", "Der Prozess" oder "Brief an den Vater". Arnon Grünberg, bekannt für Schauergeschichten und menschliche Abgründe, hat im September das Kafka-Jahr antizipiert und in der NZZ über Kafkas Reisen mit seinem Freund, dem Schriftsteller Max Brod geschrieben. Kafka war ewig traurig in Prag, konnte aber, wenn er unterwegs war, messerscharf beobachten, über Mitreisende herzhaft lachen, war ulkig und vergnügt. Die Schwere, er hatte sie bei seinen Reisen in Prag gelassen.

Moral, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit

Kant wiederum feiert im April seinen 300. Geburtstag. Er war so gut wie nie unterwegs, blieb in seinem Königsberg, hat angestrengt gelesen, gedacht, geschrieben. Vernünftig-moralisches Handeln war sein Imperativ, der gültig sein sollte für alle, jederzeit und ohne Ausnahme.

Erich Kästner ist am 29. Juli 1974 gestorben. Wie erfrischend sind noch heute seine wunderbaren Kinderbücher: "Pünktchen und Anton", "Das doppelte Lottchen" oder "Das fliegende Klassenzimmer". Moral, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit - für Kästner, wie für Kant, auch für Kafka, ein inneres Diktum.

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Buntes Feuerwerk. © fotolia

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Späte Wertschätzung eines Vergessenen

Caspar David Friedrich und sein 250. am 5. September. Die Kunstwelt vibriert längstens mit sagenhaften Ausstellungen. Hamburg hat gerade die Friedrich-Show in der Kunsthalle eröffnet. Berlin, Dresden, Greifswald, sogar New York sitzen in den Startlöchern und folgen.

Wie hätte er sich gewundert, still und stolz gefreut, über so viel Zuspruch, Akzeptanz, über so viel Zuwendung. Caspar David Friedrich musste in seinen letzten Jahren erleben, dass man ihn wenig schätzte, seine Bilder verkauften sich nicht mehr, der Maler wurde vergessen. Dabei haben seine Himmel, seine Wolken, seine Landschaften eine magische Sogkraft.

Motto für 2024: Nach vorne schauen

Caspar David Friedrich hatte übrigens auch ein Ritual: Leidenschaftlich gerne ging er in der Dämmerung spazieren, wanderte am Meer oder im Gebirge. Tiefe Luftzüge holte er, atmete die Natur ein und später, im Atelier, im Dialog mit der Leinwand, wieder aus. Hier bekam er die Kraft, die er fürs Leben brauchte. Bilder angucken, vom Himmelmaler anstecken lassen und nach vorne schauen. Ein gutes Motto für 2024.

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Ein junges Mädchen entzündet zusammen mit seinen Eltern Kerzen an einem Adventskranz. © BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com Foto: Barbara Gindl

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NachGedacht | 29.12.2023 | 10:20 Uhr

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