Mit Lupe und Taschenlampe: Restauratorin Viola Bothmann rettet Kunstwerke
Kunstwerke sind von allen Seiten Gefahren ausgesetzt: Nicht nur Diebstahl und Vandalismus, auch Pilze, Licht oder gefräßige Insekten setzen ihnen zu. Fälle für Restaurator*innen wie Viola Bothmann.
Frau Bothmann, wann geht Ihre Arbeit eigentlich los - wenn die Farbe schon blass wird und das Material bröckelt?
Viola Bothmann: In der Regel werde ich angerufen beziehungsweise beauftragt, mir die Objekte vor Ort, zum Beispiel in den Kirchen, anzuschauen, um zu gucken, wie der Zustand ist, zum Beispiel bei Altären. Und dann steige ich mit Taschenlampe und Lupe auf die Mensa und sehe mir den Zustand an. Da kann es vorkommen, dass ich einen Pilzbefall feststelle aufgrund zu hoher Feuchtigkeit in dem Kirchenraum, den Befall holzzerstörender Insekten, Verschmutzung, Abplatzungen innerhalb der Malschichten oder Schäden durch frühere Restaurierungen. Ich bin selbständig und mache dann auch entsprechende Kostenvoranschläge, sowohl für Landeskirchen, Museen, aber auch für Privatleute, die Gemälde haben.
Das heißt aber, wenn Sie angerufen werden, ist es beinahe schon zu spät, oder? Wenn schon Pilzbefall am Altar ist, dann haben Sie direkt alle Hände voll zu tun.
Bothmann: Ja, das ist richtig. Es gibt Fälle, da wird das erst relativ spät beobachtet, und dann muss man eingreifen als Restaurator.
Nun ist Restauratorin nicht gerade auf den vorderen Plätzen der Berufswünsche junger Menschen. Was fasziniert Sie so sehr an diesem Job?
Bothmann: Mich fasziniert es, mich mit alten historischen Objekten auseinanderzusetzen, deren Geschichte zu erfahren und aus restauratorischer Sicht diese Kunstwerke durch Konservierung und restauratorische Maßnahmen zu erhalten und den Objekten ein gepflegtes und ablesbares Erscheinungsbild zu verleihen. Was mich besonders fasziniert, ist, auch die Zeit zu haben, mich mit den Objekten ganz intensiv auseinanderzusetzen, die Maltechniken und den werktechnischen Aufbau zu beobachten. Das finde ich sehr spannend.
Aber sie müssen einen irrsinnigen Schatz an Wissen und Erfahrung mit den unterschiedlichsten Materialien, über die unterschiedlichsten Epochen haben. Ich könnte mir vorstellen, dass man ein Gemälde im Museum als Restauratorin völlig anders anfassen muss als beispielsweise den Altar in einer Kirche. Welche Methoden haben Sie?
Bothmann: Das ist natürlich von der Größenordnung schon mal unterschiedlich. Allerdings sind die Arbeitsschritte gar nicht so unterschiedlich. Es geht in erster Linie auch um Substanzerhaltung. Sowohl bei einem Gemälde wie auch bei einem Retabel zum Beispiel muss in erster Linie die lockere, Malschicht, die lockere Fassung mit verschiedenen Leimen gefestigt werden. Da steht die Substanzerhaltung im Vordergrund. Es gibt aber auch Reinigungsarbeiten, wo Oberflächenverschmutzungen abgenommen werden. Falls Übermalungen oder alte Firnisse vorliegen, werden kleine Proben gemacht, um zu gucken, ob man diese alten Überzüge abnehmen kann, ohne die darunterliegende originale Substanz zu gefährden. Das sind schon ähnliche Prozesse. Allerdings arbeitet man, wenn es um die Restaurierung eines Altars geht, eher vom Gerüst aus, und ein Gemälde, was nicht allzu groß ist, kann man schön auf der Staffelei im Atelier stehen haben.
Ist Ihnen eigentlich mal richtig was schiefgegangen?
Bothmann: Nein, natürlich nicht. (lacht) Nein, so richtig was schiefgegangen nicht. Aber natürlich dauern manche Arbeitsschritte länger, als man das im Vorfeld geplant hat. Wenn man zum Beispiel Überzüge abnimmt und unter den Überzügen feststellt, dass die Malschicht doch ganz locker ist und man sie noch festigen muss - so etwas ergibt sich oft erst während des Arbeitsprozesses. Aber so richtig was schiefgegangen - wenn nur Kleinigkeiten.
Das Interview führte Keno Bergholz.