"Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund"
Freitag war der Tag der Erdbeere. Sie ist rot, süß und irgendwie erotisch. Seit Jahrhunderten inspiriert die Frucht Künstlerinnen und Künstler. Wir huldigen ihr mit einer kleinen Kulturgeschichte.
Champagner und Erdbeeren? Diese klassische Kombination bringt Richard Gere Julia Roberts in "Pretty Woman" näher, beim ersten, sozusagen, "Date". Ein Augenöffner für alle Fans der Romanze von 1990. Wird mittlerweile gerne imitiert beim Brunch oder Candlelight-Dinner, am häufigsten wohl mit Sekt oder Prosecco.
Legendär die Szene in "9 1/2 Wochen"
Aber auch Sprühsahne ist ein häufig gesehener Begleiter der Erdbeere in Filmen. Besonders, wenn’s darum geht, jemandes Herz zu erobern, ist die Erdbeere ganz vorn. In dem Film "9 1/2 Wochen" füttert Mickey Rourke Kim Basinger so lange mit dieser Frucht, bis sie sich ihm leidenschaftlich hingibt.
Auch Johann Gottfried Herder regte die süße Beere zum Schreiben an. Er widmete ihr 1772 gleich ein ganzes Gedicht. Und Charles Baudelaire prägt mit seinem Poème "Les metamorphoses du vampire" bis heute das Bild des betörenden Mundes einer Frau, so "rot wie Erdbeeren"…
Symbol der Liebe und Fruchtbarkeit
"Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund" lautet die erste Zeile des viel rezitierten Gedichts von Paul Zech aus dem Jahr 1930. Klaus Kinski vertonte es später, Achim Reichel, Culture Beat und die Band Franz Ferdinand ließen sich davon in ihren Liedern inspirieren.
Dass die Erdbeere was kann, wussten auch schon die alten Römer. Sie sahen in der süßen wilden Beere eine Verbindung zu Venus, der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit. Vergil und Ovid besangen sie in ihren Versen. In manchen Überlieferungen der Antike heißt es, sie wurde als Aphrodisiakum eingesetzt.
Verführerisch die Form und das leuchtende "Erdbeerrot", dazu der betörende Duft, diese köstliche Süße - ein Happs, und schon wird die Fantasie beflügelt
Natürlich sprechen wir hier nur von der regional angebauten, saisonal gepflückten Erdbeere, bei der es sich genaugenommen um ein Staudengewächs, eine Sammelnussfrucht handelt. Die, mit ganz lustigen Krümmungen und Kurven, von der Sonne geküsst – und nicht aus dem Gewächshaus, im Winter, aus Spanien. Da fehlt doch der Genuss, stellen das deutsche Duo Mine und Fatoni fest, wenn es singt: "Die Beere schmeckt lasch, dem Gaumen fehlt Spaß. Die Beere ist rot, doch ihre Seele ist tot."
Hieronymus Bosch malte "Garten der Lüste"
Seit Ende des 13. Jahrhunderts taucht die Erdbeere in religiösen Gemälden häufig im Zusammenhang mit der Jungfrau Maria auf. Gebettet auf Erdbeeren und Maiglöckchen sitzt: "Die Madonna in den Erdbeeren", eines der ältesten Marienbilder, datiert auf 1420. Und Hieronymus Bosch zeigt in seinem "Garten der Lüste" - geradezu ein Wimmelbild - die Erdbeere menschengroß, umringt von mehreren Nackten, die die runde Frucht umarmen und anknabbern, vermutlich ganz berauscht von ihrem unwiderstehlichen Duft.
Der Duft ist es wohl auch gewesen, der Shuggie Otis 1971 zu dem Song "Strawberry Letter 23“ inspiriert haben muss. Berühmt wurden damit allerdings erst die Brothers Johnson. Das Duo ließ das Funk-Cover sogar auf erdbeerparfümiertes Vinyl pressen. Einfach nur eine erdbeer-rote Schallplatte anzubieten wäre ja auch langweilig gewesen.
Die Beatles und ihre "Erdbeer-Drogenrausch"
Auf diese Idee sind die Beatles wenige Jahre zuvor noch nicht gekommen. Vielleicht waren die technischen Möglichkeiten der bunten und duftenden Vinylpressung 1966 auch noch nicht so fortgeschritten, als die vier Erdbeer-Fans ausriefen: "Strawberry Fields Forever"! Dabei geht es in dem Song weniger um die leckeren Beeren, als um einen psychedelischen Drogentraum, den John Lennon bei einem Filmset in Spanien gehabt haben soll.
Und so klingt dann auch dieses Lied: Zunächst melodisch poppig wird es schließlich immer experimenteller, ein orchestrales Feuerwerk, bei dem man, wenn man sich ganz genau drauf konzentriert, am Ende Erdbeeren tanzen sieht.
