Games als Milliardenmarkt: Deutsche Spielebranche will aufholen
Am Mittwoch startete in Köln die Spielemesse Gamescom. Fast zehn Milliarden Euro hat die Branche letztes Jahr in Deutschland umgesetzt. Dass davon nur ein kleiner Teil bei deutschen Firmen landet, will Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbandes game, ändern.
Seit einigen Jahren ist der glamouröse Auftakt der Gamescom die Opening Night Live: Eine zweistündige Bühnenshow, in der vor allem die Videotrailer neuer Spiele gezeigt werden. Gastgeber ist Geoff Keighley, ehemaliger Spielejournalist, mittlerweile vor allem Veranstalter und Moderator einflussreicher Game-Events. Auch diesmal wurde dieses Werbefilm-Spektakel von Köln aus in die ganze Welt gestreamt und von Millionen Fans verfolgt.
Gamescom in Köln: Gemeinschaftserlebnis für Hunderttausende
Dass die Gamescom mit einer Geoff-Keighley-Show beginnt, zeigt unter anderem, wie global vernetzt die Spieleindustrie und die dazugehörige Community sind. Ein kanadischer Gastgeber stellt auf einer Show in Deutschland mehrere Dutzend Spiele vor, die vor allem aus den USA und Japan, aber auch aus Ländern wie Kanada, Schweden oder Frankreich kommen, und auf der ganzen Welt gespielt werden.
Was die Gamescom aber vor allem anderen auszeichnet, ist das Gemeinschaftserlebnis der Fans vor Ort. "Die Stärke der Gamescom ist, dass es das größte Community Event ist", sagt Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands game. "Es geht um das Treffen der Fans mit den Entwicklern, also ihren Stars, aber auch miteinander."
Deutsche Spielebranche ist international abgehängt
Mit Spielen, der dazugehörigen Hardware, Aboservices und andern Spiel-Dienstleistungen wurden letztes Jahr in Deutschland laut game fast zehn Milliarden Euro umgesetzt. Allerdings landet nur ein verschwindend kleiner Teil dieser Umsätze auch bei deutschen Firmen. Falk erklärt, dass die deutsche Spielebranche aufgrund jahrelanger politischer Vernachlässigung international weit abgehängt sei.
Tatsächlich kommen aus Deutschland selten Welterfolge, und wenn, dann nur im Indie-Bereich, da es hierzulande kein einziges Studio gibt, das die inzwischen gigantischen Entwicklungskosten von großen Titeln stemmen könnte. "Es wird nicht mehr lange dauern und ein Spiel wird zum ersten Mal eine Milliarde Euro kosten", so Falk. "Das zeigt, wie groß die Investitionen, die Teams, das technologische Know-how und natürlich auch die Risiken sind, die mit so einem großen Projekt einhergehen."
Felix Falk: "Wir holen jetzt richtig auf"
Der Branchenverband game hat sich zum Ziel gesetzt, Deutschland hier nach vorne zu bringen. Die vor drei Jahren angelaufene Games-Förderung des Bundes hat schon einiges bewegt, beobachtet Falk: "Das sieht man allein daran, dass seit 2020 die Unternehmen um 46 Prozent gewachsen sind. Viele haben sich neu gegründet und auch die Zahl der Mitarbeitenden in der Branche ist um knapp 20 Prozent gewachsen. Wir holen jetzt richtig auf und schaffen es endlich, die kulturellen, wirtschaftlichen, aber auch technologischen Potenziale von Spielen zu nutzen."
Umso irritierter ist der game-Geschätsführer, dass die Bundesregierung diese Förderung für kommendes Jahr zurückfahren möchte. "Ich hoffe, dass die Bekundungen aller Parteien über die große Bedeutung des Games-Sektors keine Lippenbekenntnisse bleiben, sondern dass der Bundestag das jetzt korrigiert, damit es weitergehen kann mit diesem tollen Wachstum", so Falk.
"Goethe wäre heute wahrscheinlich Gamedesigner"
Es ist spannend, wie sich die Diskussion um interaktive Unterhaltungselektronik in den letzten Jahren verschoben hat: Lange leistete sich Deutschland eine aufgeheizte Debatte über "Killerspiele" und sah Games als Spielzeug, während in anderen Ländern potente Spieleindustrien aufgebaut wurden. Dann sangen plötzlich alle, von Bundestag über Feuilleton bis Kulturrat das Hohelied des "Kulturguts Game". Heutzutage, angesichts des astronomischen Wachstums der Branche, werden Games vor allem als Wirtschaftsfaktor gesehen. Trotzdem ist Felix Falk zutiefst überzeugt von den kulturellen Möglichkeiten digitaler Spiele: "Wenn Goethe heute leben würde, wäre er wahrscheinlich Gamedesigner."