Die Schlange vor den Damentoiletten
Ewig lange Warteschlangen vor den Damentoiletten: Während bei den Männern alles frei ist und sie fröhlich kommen und gehen, stehen sich die Frauen die Beine in den Bauch. Warum müssen Frauen immer Schlange stehen?
Genervt, aber geduldig warten die Frauen wie eh und je in der Schlage vor den Toiletten. Meist reicht die Zeit dann nicht mal mehr für ein Getränk oder ein kurzes Gespräch. Die wartenden Frauen sind sich einig: "Es nervt, aber was will man machen? Naja, man könnte Unisex-Toiletten machen", findet eine. "Das ist ja nicht nur bei Konzerten so - es ist immer bei der Frauentoilette voll", meint eine andere. "Mich persönlich stört es nicht, wenn alle ein Klo benutzen würden, weil ich merke, dass es vor allem bei Männertoiletten schneller geht und ich mir denke: Warum kann ich nicht einfach aufs andere gehen?", fragt sich eine weitere.
Geschlechterblindheit in der Versammlungsstättenverordnung
Die meisten Theater, Konzert- oder Opernhäuser stehen schon ewig. Vor langer Zeit gebaut, gibt es meist wenig Spielraum, die Toilettenanzahl zu erweitern. Auch, wenn neu gebaut wird, gibt es die sogenannte Versammlungsstättenverordnung.
Diese legt fest, dass es getrennte Männer- und Frauentoiletten geben muss und schreibt eine Mindestanzahl für Toiletten vor. Laut Verordnung muss es zum Beispiel für 1.000 Frauen zwölf Toiletten geben. Für 1.000 Männer sind hingegen acht Toiletten und zwölf Urinale vorgeschrieben. Auf gleichem Raum gibt es also für Männer mehr sanitäre Installationen.
Die Architektin Beke Illing-Moritz beobachtet dort eine Geschlechterblindheit: "Wenn man sich das vor dem Hintergrund anguckt, dass Frauen einen höheren Bedarf haben, sieht man: Da ist ein Ungleichgewicht. Das muss man dafür erst mal wissen. Es gibt diese Anforderung - und natürlich möchten alle gemäß der Anforderung bauen. Deshalb wird das so gebaut."
Frauen haben einen höheren Toilettenbedarf
Versammlungsstätten wie Theater- oder Konzerthäusern steht es frei, mehr Toiletten als vorgeschrieben zu bauen, aber aus versicherungsrechtlichen Gründen wird immer möglichst nah an der DIN-Norm und der Verordnung gebaut, erzählt Illing-Moritz. Die Bauverordnung müsste also dringen angepasst werden. Denn es ist schon lange wissenschaftlich bewiesen, dass Frauen einen höheren Toilettenbedarf haben. Mit der dritten Geschlechtskategorie "divers" bräuchte es auch dort eine Anpassung.
Müssten Frauen nicht immer an den Pissoirs vorbei, würden aus der Warteschlange viele ohnehin einfach dort hingehen, wo etwas frei ist. "Meinetwegen könnte man auch einfach gender-neutrale, gemeinsame Toiletten machen. Für mich wäre das fein", meint eine wartende Frau, oder: "Wir sind schon in die Männertoilette gegangen. Was bleibt uns über? Eine Lösung wäre mehr Toiletten." "Unisextoiletten wären mir auch recht, da hätte ich kein Problem mit."
Vorbild Skandinavien bei der Toilettenplanung
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen sagte NDR 90,3, dass die Bauministerkonferenz der Länder schon in einer Projektgruppe dabei ist, die Versammlungsstättenverordnung zu überarbeiten. Ein Ziel ist dabei die Mindestanzahl der Toiletten zu erhöhen. In Neubauten könnte das die Situation entspannen. Bestehende Gebäude könnten sich vor allem durch gemeinsame Toiletten anpassen.
Solche baubehördlichen Prozesse dauern ihrer Erfahrung nach allerdings meist zehn Jahre, sagt die Architektin Illing-Moritz. Sie sieht als Vorbild für gerechtere Toilettenplanung vor allem die skandinavischen Länder. Dort seien Unisex-Toiletten in der modernen Planung längst selbstverständlicher: "Da gibt es manchmal auch Schlangen, aber die sind dann eben gemeinsam."