Camping an der Kirche
Wenn Sie mal abschalten wollen vom Alltag, wo gehen Sie dann hin? Raus in die Natur? Manche vielleicht auch in die Kirche, sich mal aufs Wesentliche konzentrieren. Jetzt lässt sich sogar beides kombinieren.
Ein neues Internetportal bietet Campingstellplätze direkt an Kirchen an. Die stehen ja sowieso oft an ruhigen und idyllischen Orten. Und sind auch kulturhistorisch interessant. Die Idee zu dem Angebot hatte ein Pfarrer aus der Nähe von Braunschweig. Mittlerweile ist auch eine Kirche nahe der Müritz mit dabei - und das ökumenische Stift Börstel bei Osnabrück.
Börstel: Stellplatz für Camper 20 Meter neben den Klostermauern
Eine Lichtung im Wald. Die Blätter der Bäume rauschen im Wind, Vögel zwitschern. Mittendrin erheben sich die rötlichen Klostermauern des Stifts Börstel. 20 Meter daneben ein Stellplatz für Camper. Dort stehen Thomas Demming und seine Frau Gabi mit ihrem Wohnmobil. Sie sind Stammgäste: "Die Abgeschiedenheit und die Ruhe, die man hier findet, hat uns von Anfang an sehr beeindruckt und sehr gefallen. Das haben wir gerne immer wiederholt zu allen möglichen, unterschiedlichen Anlässen."
Die Demmings kommen aus Neuss bei Düsseldorf. Mit ihrem Wohnmobil fahren sie quer durch Deutschland - aber an einem Kloster stehen sie sonst nicht: "Ich glaube, dass Kloster alle an spirituellen Orten gebaut wurden und dass es allgemein so ist, dass es was Besonderes ist. Das ist ein reines Gefühl, das kann man nicht sagen. Aber es ist möglich, hier runterzukommen von allem."
Besuch des Gottesdienstes inklusive
Bei ihren Besuchen gehen die Demmings auch gern mal in die Klosterkirche hinein. Sie wohnen dann einem Gottesdienst bei oder nehmen an einer Führung teil: "Ich denke, das Alte, die Gewölbe, die Fenster, der Altar - es ist alles alt und besonders und es hat so viel Geschichte erlebt. Das spürt man so. Und man riecht es, das alte Gemäuer."
Die Fläche der Kirche ist klein. Dafür hat sie in der Höhe vier verschiedene Ebenen, auf denen Menschen sitzen können. Separate Bereiche für Geistliche und das normale Volk, das gibt es in vielen Klöstern. Aber vertikal verteilt sei das etwas Besonderes, erklärt Äbtissin Britta Rook, die Leiterin des Stifts Börstel. "Was bei uns natürlich durch die Geschichte kommt, ist, dass wir erst 400 Jahre Zisterzienserinnenkloster waren und dann 400 Jahre Stift. Zwischenzeitlich ist es dann auch mal Gemeindekirche geworden und dann wurden auch die Gemeindebänke eingeführt, die sind nicht ursprünglich", fügt sie hinzu.
Stellplätze sind im Frühjahr und Herbst gut gebucht
Die Äbtissin und Gabi Demming verlassen die Kirche wieder und gehen zurück zum Wohnmobil. Dort hat Thomas Demming schon das Fleisch auf dem Grill. Anschließend essen das Ehepaar und die Äbtissin plaudernd zu Abend. Rook sagt, die drei Stellplätze seien vor allem im Frühjahr und im Herbst gut ausgebucht, für Kurzurlaube. Das Stift verlangt pro Nacht ein paar Euro Stellplatzgebühr. "Es ist eine Einnahmequelle und da wir uns vollständig selbst als Stift finanzieren müssen und auch die ganze Gebäudeunterhaltung, kann man wieder - wenn genug Wohnmobilfahrer kommen - ein Stückchen an der Kirche sanieren oder andere denkmalgeschützte Gebäudeteile des Stiftes, sagt die Äbtissin
Auch in der Kirche übernachten sollte möglich sein
Die Stellplätze einzurichten, sei kaum Aufwand gewesen. Ein Schild aufstellen. Strom und Wasser hätten viele Wohnmobile selbst dabei. Dieses Beispiel sollte bei anderen Gemeinden Schule machen, findet Joachim Cierpka. Er ist der Superintendent der evangelischen Kirche im nördlichen Landkreis Osnabrück. "Das eine ist tatsächlich, dass Beherbergung eines der Urgeschäfte von Kirche ist", sagt er. "Des weiteren ist es natürlich auch für uns ein Punkt, Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass es Kirchen gibt, in denen man - auch wenn das vielleicht noch Zukunftsmusik ist -, vielleicht sogar übernachten kann."
Das ist sein Traum: Übernachten auch in der Kirche. In Börstel übernachten Gabi Demminger und ihr Mann neben der Kirche. Und darauf freut sie sich schon. "Weil es wirklich stockduster ist. Nicht so wie in der Stadt, wo diese ganzen Lichter sind", sagt sie. "Es ist so dunkel, dass ich tief und fest und gut schlafe. Jede Nacht."