Bier, Bräuche und ein Büchlein: Kniesenack-Lobspruch im Museum
Das Kniesenack ist ein Güstrower Bier, das seit dem Mittelalter gebraut wurde. Allerdings war 1978 damit Schluss. Ein Verein will das Bier wiederbeleben. Dank ihm ist das Stadtmuseum in Güstrow jetzt um ein Ausstellungsstück reicher.
Güstrows Biergeschichte reicht weit zurück. Überdauert hat bis heute nur ein Name: Kniesenack. Übersetzt bedeutet das wohl so viel wie "Fürstenbier". Kräftig, mit gut geröstetem Malz, war es nach längerer Lagerung eher trüb und hatte einen Alkoholgehalt von bis zu 9 Prozent. Das schmeckte zur Hoch-Zeit des Bieres im 19. Jahrhundert nicht nur den hohen Herrschaften.
Während die Brautradition in der DDR-Zeit endete, machten aktualisierte Fassungen des Braunbier-Rezeptes weltweit heimlich Karriere, sagt Thorsten Köpnick, Mitglied im Verein Original Güstrower Kniesenack: "Es ist so, dass ein ehemaliger Deutscher, also ein Amerikaner, der ausgewandert ist, sich sehr früh zu einem Bierexperten entwickelt hat, der Name ist Horst Dornbusch. Der ist auf das Kniesenack gestoßen und hat versucht, die Rezeptur nachzuempfinden und das hat er in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, die in Australien herausgebracht wurde, und die Australier haben das versucht und gebraut - waren erfolgreich, und als wir auf der Suche nach der Rezeptur waren, haben wir die Australier angeschrieben."
"Loblied auf's Bier" stammt vom Leibarzt des Herzogshofs
Nicht nur Freundschaften entstanden daraus, sondern es wuchs auch in Güstrow der Wunsch, das kulinarische Kulturerbe der Stadt wieder zu pflegen. Die Vereinsmitglieder stöberten weltweit Gegenstände auf, die mit dem Kniesenack-Bier zu tun haben. Und fanden Schweizer Privatleute, die einen kostbaren Druck besaßen. Das "Economium" - im Untertitel ein "Lobspruch" auf das berühmte, gesund geltende und wohlschmeckende Bier. 1706 in kleiner Auflage in Güstrow aufgelegt, ist das Bändchen nun als Schenkung an das Stadtmuseum übergeben worden.
Das Loblied aufs Bier wurde damals von einem Leibarzt des Herzogshofs verfasst, erläutert Museumsleiter Carsten Neumann: "Georg Deterding war auch Autor von medizinischen Fachschriften. Er bezieht sich aufs Medizinische, auf die Arzneiwirkung und wir wissen ja aus der Kulturgeschichte, dass Bier früher viel getrunken worden ist, einfach aus hygienischen Gründen, weil das durch den Gärungsprozess und den Alkoholgehalt bedenkenloser war, als Wasser."
Guter Zustand des Drucks
Kniesenack galt als eines der teuersten Biere in Deutschland. Die alte Werbeschrift beweist aber, wie beliebt das Getränk auch überregional gewesen sein muss. Carsten Neumann freut sich über den guten Zustand des Drucks: "Das Besondere an diesem Exemplar ist, dass es noch unaufgeschnitten ist, das heißt, die Druckbögen sind noch so, wie sie aus der Druckerei kamen - also immer Vorder- und Rückseite bedruckt und gefaltet, sodass es erst nach dem Aufschneiden ein Buch - ein Büchlein ergibt. Etwas kleiner als ein A4-Blatt, das war ein ganz übliches Format, das man damals gewählt hat."
Wie das Bier zur Entstehungszeit des Lob-Textes geschmeckt hat, lässt sich heute nicht genau rekonstruieren. Denn auch das neue Güstrower Museumsstück enthält kein Rezept. Da sich das Geschmacksempfinden der Menschen ohnehin ändere, sei das kein Hindernis, sagt Wolfgang Schmidt, Chef des Kniesenack-Vereins: "Wir haben das nachgebraut, und haben ein bisschen das Glück, dass wir alte Braumeister haben und im Gespräch sind. Die haben uns Zutaten geliefert, mit denen das Bier auch damals gebraut wurde. Wir versuchen es so, wie es Anfang des 19. Jahrhunderts gebraut worden ist."
Fester Platz im Stadtmuseum geplant
Güstrows Museum kann mit dem wertvollen Druck seine Sammlung zum Kniesenack-Bier erweitern. Die Kosten für den Ankauf und die Restaurierung hat der Fielmann-Konzern über seine hauseigene Museumsförderung übernommen. Deren Leiterin Constanze Köster hat auch die Arbeit der Restauratoren mit begleitet: "Es musste vor allem so konservatorisch behandelt werden, dass es lange weiterhin überdauern kann. Es wurde ein bisschen schonend geglättet, es war etwas bestoßen an den Rändern, und es wurden ein paar Fehlstellen ergänzt, sodass es wieder plan liegt und auch angefasst und aufgeklappt werden kann - es wurde wenig am Originalzustand verändert." Das historische Büchlein soll noch in diesem Jahr einen festen Platz im Stadtmuseum erhalten.