"Alle Menschen werden Schwestern" - Anouchka & Katharina Hack
Seit mehr als zehn Jahren gastiert die Cellistin Anouchka Hack mit ihrer älteren Schwester, der Pianistin Katharina Hack, auf großen Konzertbühnen und Festivals. Ihre innige Verbundenheit haben die beiden jungen Künstlerinnen zum Thema ihres neuen Albums gemacht.
Ihr gemeinsames Album trägt den programmatischen Titel "Alle Menschen werden Schwestern" und beginnt mit dem gleichnamigen Werk der ukrainischen Komponistin Marina Baranova. Auf Wunsch der Schwestern Hack und inspiriert von Beethoven und Schiller hat sie die "Ode an die Freude" weitergedacht. Dieses Stück bildet das Zentrum des Programms. Bei NDR Kultur präsentieren Anouchka und Katharina Hack live im Studio Höhepunkte ihres neuen Albums.
Ihr seid Schwestern, aber es geht auf eurem Album mit dem Titel "Alle Menschen werden Schwestern" noch um mehr. Es geht um die Macht der Verbundenheit, oder?
Katharina Hack: Ganz genau. Wir haben das Album, "Alle Menschen werden Schwestern" von uns als Schwestern als Ausgangspunkt angedacht. Wir wollen damit einfach die Schwesternschaft oder die Schwesternheit feiern. Natürlich gibt es noch ganz viele Ebenen. Zum Beispiel haben wir auch Musik von komponierenden Schwestern aufgenommen und auch von Geschwistern, die komponiert haben. Da wären zum Beispiel Lili Boulanger und Nadia Boulanger als Schwestern und Fanny Mendelssohn und Felix Mendelssohn als Geschwisterpaar.
Anouchka Hack: Es geht aber natürlich nicht nur um die Blutsgeschwisterschaft. Was wir an unserer Verbindung als Schwestern so schätzen, ist diese Bedingungslosigkeit und eine ganz tiefe Verbundenheit und ein Urvertrauen ineinander. Ich glaube, in heutigen Zeiten wünschen wir uns alle mehr Zugewandtheit zueinander und dass man mehr im Gespräch bleibt, auch über Themen, bei denen man sich vielleicht nicht einig ist. Bei Geschwistern ist man aneinander gebunden, was sehr schön ist. Man bleibt immer im Gespräch, jedenfalls ist das bei uns so. So eine Bedingungslosigkeit ist ein großer Wunsch. Deswegen haben wir Lieder der Hoffnung mit im Programm, die über diesen Traum "Alle Menschen werden Schwestern" sprechen.
Dass Geschwister ihre Verbundenheit oft musikalisch ganz besonders gut ausdrücken können, dafür gibt es jede Menge schöner Beispiele, etliche erfolgreiche Formationen aus Geschwistern. Meistens sind es Duos. Nun können natürlich nicht alle Menschen Schwestern werden. Ihr beiden seid seit 13 Jahren ein Duo. Es gibt viele Wege zur klassischen Musik, wie war eurer?
Katharina Hack: Ganz einfach durch unsere Kindheit. Wir wurden sehr von unseren Eltern geprägt, die sind beide Musiker. Unsere Mutter ist Klavierlehrerin und unser Vater Cellist. Die Wahl der Instrumente lag sehr nah.
Anouchka Hack: Wir sind in der Oper in Dortmund aufgewachsen, im Backstage-Bereich und in diesen schönen roten Plüschsesseln. Ich glaube, als Theater- und Opern-Kind bleibt uns dieser Geruch immer in der Nase: von dem Boden auf der Bühne und ein bisschen Kantine ist auch dabei. Ich glaube, dieses sehr künstlerische kreative Aufwachsen hat uns gemeinsam total geprägt. Wir haben unheimlich viel, sehr kreativ zusammen gespielt. Wir haben als Kinder gar nicht so viel Cello und Klavier zusammen gespielt, dafür haben wir ganz viele kreative Spiele und Fabelwesen erdacht. Das hat uns, glaube ich, eine ganz große, gemeinsame musikalische DNA gegeben.
Was beschäftigt euch denn zurzeit musikalisch am meisten?
Anouchka Hack: Uns beschäftigt immer die Klangsuche. Über die Jahre haben wir einen eigenen Klang entwickelt, das ist für uns ganz zentral, und das bleibt auch immer ganz zentral. Im Moment sind wir natürlich viel mit unserem Programm "Alle Menschen werden Schwestern" unterwegs, suchen aber innerhalb dieses Programms immer noch weiter nach Farben, Ausdruck und nach unserem gemeinsamen Klang. Wir haben uns schon sehr gut gefunden, sodass wir uns blind verstehen und meistens nicht viel proben müssen. Aber wir proben sehr gerne und wir arbeiten gerne weiter daran.
Katharina Hack: Es ist nicht so, dass das Album aufgenommen ist und damit endet das Projekt. Nein, bei jeder Probe oder bei jedem Konzert kommen neue Aspekte dazu. Für uns ist die Lebendigkeit ganz essenziell, einerseits natürlich alles ausgefeilt, alles lange überlegt und gut durchdacht und auf der anderen Seite diese Spontanität und diese Lebendigkeit.
Improvisation ist Teil eurer Konzerte, geht ihr auf Wünsche ein?
Katharina Hack: Sehr gerne sogar. Wir lassen uns von unserem Publikum, dem Saal und der ganzen Atmosphäre sehr gerne inspirieren.
Anouchka Hack: Wir nehmen aber auch tatsächliche Wünsche auf. Das sind keine musikalischen Motive, sondern mehr abstrakte Ideen oder Themen. Wir haben bei den Konzerten viel nach Input gefragt, zum Thema "Alle Menschen werden Schwestern", und da haben wir wirklich schöne Bilder bekommen. Die Menschen erzählen ganz gerne nach dem Konzert von ihren Geschwistern. Das berührt uns wirklich, dass wir da mit den Menschen eine Verbindung finden können, durch die Musik und durch dieses Verschwestern.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.