Ästhetik des Essens: Die kreative Arbeit einer Food-Fotografin
Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die Hamburger Fotografin Julia Hoersch regelmäßig für Magazine wie "Essen&Trinken" oder "Der Feinschmecker" und hat unzählige Kochbücher mitgestaltet.
Das eigene Essen zu fotografieren und anderen zu zeigen, gehört für viele Menschen heute zum Alltag - spätestens seit es Handykameras gibt. Aber das richtig professionell zu machen, sodass den Betrachtern das Wasser im Mund zusammenläuft - das können nur wenige. Eine, die das kann, ist die Hamburger Fotografin Julia Hoersch. Ein Besuch bei einem Shooting mit ihrem eingespielten Team.
Prop-Styling: Auch das Drumherum muss stimmen
In ihrem Studio in einem schönen Altbau in Hamburg-Winterhude schaut Fotografin Julia Hoersch konzentriert auf den Monitor und klickt sich durch ihre Bilder. Zusammen mit Anna Talla, Produktionsleiterin beim Burda-Verlag, bereitet sie das nächste Shooting vor. Das Essen ist noch gar nicht da. Erstmal werden Besteck und Geschirr in Szene gesetzt. Jeder Millimeter zählt, sonst verrutschen die Proportionen. Julia Hoersch hat ihre Kamera auf einem Stativ montiert, damit nichts wackelt.
Ihre Kollegin Anna Talla macht heute das sogenannte Prop-Styling, also das wichtige Drumherum. Sie drapiert ein Tuch neben dem Teller in Christbaumkugelrot. Die Bilder entstehen für ein Magazin mit Weihnachtsmenüs. Darauf sind die Farben und Formen abgestimmt.
Alles soll so natürlich wie möglich aussehen
Nach den Vorgaben der Produktionsleiterin entstehen auch die Rezepte für das Magazin. Die Food-Stylistin Nicole Reymann hat sie passend zum Weihnachtsthema kreiert und kocht sie dann vor Ort. Sie serviert diesmal eine asiatisch inspirierte Vorspeise mit Grünkohl, Maronen und Sojasoße. Mit seinen Grün- und Brauntönen sieht das schon toll aus. Aber Nicole Reymann möchte noch etwas mehr Abwechslung im Bild haben: "Ich würde jetzt hier noch von dem Dressing kleine Pfützen reinkleckern."
Julia Hoersch hätte gern im Schälchen mit der Soße ein bisschen Kohlensäure, damit die Flüssigkeit lebendiger aussieht. Deshalb kommt da ein Schuss Mineralwasser rein. Abgesehen von solchen kleinen Tricks wird das Essen genau so gezeigt, wie es gekocht wurde.
"An dieser Stelle sollten wir mal mit dem Haarspray-Image des Food-Stylings aufräumen. Ich habe noch nie irgendwo Haarspray oder Schweröl dran getan", versichert Nicole Reymann. Gerade wenn neben dem Bild vom Essen das Rezept zum Nachkochen steht, solle alles so natürlich wie möglich ablaufen, sagt Reymann. Dann gelte für die Food-Fotografie: "Sie muss unglaublich nahbar sein!"
Bildende Kunst dient als Inspiration
Natürlich sollen die Bilder Appetit machen. Das Auge isst schließlich mit. Wie sie die Lust aufs Essen weckt und die Details einer Mahlzeit inszeniert - das hat sich die Fotografin Julia Hoersch bei der bildenden Kunst abgeschaut: "Ich war gerade in vielen Ausstellungen. Da schaut man ganz genau hin, wie die Maler die Highlights setzen. Bei den Glanzpunkten in den Augen und auf den Lippen, wie sie das Weiß nochmal ziehen: Genau das machen wir eigentlich auch. Ist die Lampe sichtbar in der Kirsche? Wenn sie sichtbar ist, ist die Kirsche lecker - und wenn nicht, dann sieht sie grau, fad und tumb aus."
Aber bei Julia Hoersch und ihrem Team sieht nichts grau und fad aus, im Gegenteil. Das Essen wirkt farbig und sinnlich - und es schmeckt übrigens auch richtig klasse.