Kolumne: "Mieten"
Seit 100 Jahren gibt es in der Verfassung ein Recht auf Wohnung. Aber viele Menschen können sich die hohen Mieten - besonders in den Großstädten - nicht mehr leisten. Und wer günstig vermietet wird vom Staat bestraft.
Noch drei Monate, dann wird in den Kirchen die Weihnachtsgeschichte in den Gottesdiensten gelesen - die mit dem jungen Paar, Josef und Maria, die in Bethlehem kein Dach über dem Kopf finden konnten. Wenn die beiden dieses Jahr statt nach Bethlehem nach Hamburg ziehen würden, sähe es vielleicht nicht viel besser aus. Denn wer weiß, ob sie sich eine Wohnung überhaupt leisten könnten.
Mieten in den Großstädten steigen immer weiter
Gut die Hälfte aller Vermieter in der Stadt hat im vergangenen Jahr die Mieten angehoben, zwischen einem und zehn Prozent. Andererseits: Wenn die beiden ein anständiges Polster auf dem Konto hätten, sähe die Lage anders aus. Die Preise für Wohneigentum sind nämlich deutlich zurückgegangen. Wer sein Geld in Immobilien anlegen will, kann auf Schnäppchenjagd gehen. Es ist wohl immer so wie im Sprichwort: "Es regnet dorthin, wo es schon nass ist."
Wer günstig vermietet, muss mehr Steuern zahlen
Der schier unermessliche Wohlstand in unserem Land ist nicht gleichmäßig verteilt - und wird es vermutlich auch nie sein. Aber dass in Deutschland die Steuerpolitik diesen Umstand auch noch befördert, ist nicht in Ordnung, finde ich. Denn wer Josef und Maria eine Wohnung für eine kleine Miete anbietet, muss mit höheren Steuern rechnen. Und wenn ein Altenheim auf den Fachkräftemangel reagieren will und versucht, mit günstigen Wohnungen Pflegekräfte anzulocken, ist der Ärger bei der Betriebsprüfung vorprogrammiert.
Ein Menschenrecht auf Wohnung ist in der Bibel nicht zu finden. Aber der Auftrag, Gerechtigkeit für alle zu fördern, schon. Und dazu gehört auch ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.