Vanessa Münstermann sitzt während der Debatte im niedersäsischen Landtag in Hannover im Plenarsaal. © NDR

Fußfessel-Debatte: Münstermann kämpft im Landtag für Opferschutz

Stand: 27.02.2025 14:25 Uhr

Die Hannoveranerin Vanessa Münstermann hat 2016 einen Säureanschlag ihres Ex-Freundes überlebt. In drei Jahren soll der Täter aus dem Gefängnis entlassen werden. Das macht Münstermann Angst.

von Jule Lampe und Johanna Hausmann

Eine Maßnahme würde ihr besonders viel Sicherheit geben, sagt Münstermann: Wenn ihr Ex-Freund nach seiner Entlassung aus der Haft eine elektronische Fußfessel tragen müsste. Dadurch könnte die Polizei sie warnen, wenn er sich ihr unerlaubt nähern würde. Diese Maßnahme ist nach dem aktuellen Recht allerdings kaum möglich.

SPD plant Novelle des Polizeigesetzes - mit elektronischer Fußfessel

In Niedersachsen sind sich alle Parteien längst einig, dass die elektronische Fußfessel in Fällen häuslicher Gewalt ein wirksames präventives Mittel wäre. Um das zu unterstreichen, haben die Abgeordneten am Mittwoch im Plenum noch einmal über eine Absichtserklärung abgestimmt. Doch konkrete Gesetze lassen weiter auf sich warten. Die SPD vertröstet: Nach der Sommerpause plane man eine große Novelle des Niedersächsichen Polizeigesetzes. Darin will die Regierung auch die elektronische Fußfessel regeln. Das geht der CDU nicht schnell genug. Die CDU-Abgeordnete Birgit Butter wirft der Landesregierung vor, die Entscheidung zu verschleppen. "Es geht hier wirklich um jeden Tag. Denn jeden Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner umgebracht."

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Überwachung der Täter bedeutet Freiheit für die Opfer

Vanessa Münstermann ist in den Landtag gekommen, um die Debatte zu verfolgen. Für sie würde die dauerhafte Überwachung des Mannes, der sie beinahe tötete, Sicherheit und Freiheit bedeuten. "Wir könnten wieder unser Leben leben, wie vorher, wie vor der Tat", sagt sie. Außerdem möchte Münstermannn im Landtag Gesicht zeigen für die vielen anderen Opfer von Gewalt gegen Frauen. Seit der Tat kämpft sie für einen besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt. Immer wieder muss sie sich vertrösten lassen. Auch heute.

"Spanisches Modell" soll Opfer schützen

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat das Wort im Plenum direkt an Vanessa Münstermann gerichtet: "Es wird jetzt keine Jahre mehr dauern, Frau Münstermann", sagt Behrens. "Wir werden das zeitnah machen." Im geplanten Polizeigesetz soll auch festgeschrieben werden, dass eine Fußfessel potenzielle Opfer immer und überall informiert, sollte der Täter in der Nähe sein. In Spanien wird diese Form der Überwachung inzwischen mit Erfolg angewendet.

Grüne können sich separaten Beschluss vorstellen

Dem NDR sagte Behrens, um diese Maßnahmen verfassungskonform in ein Gesetz zu gießen, benötige es sorgfältige Abwägung und vor allem Zeit. "Wir brauchen eine gute rechtliche Grundlage, damit es auch funktioniert vor Gericht", so Behrens. Der Koalitionspartner, die Grünen, zeigen sich allerdings deutlich offener, die elektronische Fußfessel aus dem neuen Polizeigesetz auszugliedern und separat früher zu beschließen. "Uns ist wichtig, dass wir die Fußfessel vor die Klammer ziehen und nicht mit allen anderen Maßnahmen bündeln. Und da sind wir gerade noch am verhandeln", sagte die Grünen-Abgeordnete Evrim Camuz.

Innenministerin Behrens sucht Gespräch mit Münstermann

Vanessa Münstermann im Gespräch mit Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens. © NDR
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (rechts) unterhielt sich am Rande der Plenarsitzung mit Vanessa Münstermann.

Am Ende der Debatte war Münstermann vorsichtig optimistisch. "Ich gehe nach Hause mit der Hoffnung, dass das, was hier versprochen wurde, auch kommt. Die Innenministerin kam auf mich zu und hat auch nochmal nachdrücklich gesagt, dass sie es ernst meint." Wann das Gesetz tatsächlich kommt, blieb offen.

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