Kampf um Wohnraum: Die unmögliche Aufgabe der Politik
Mieten und Immobilienpreise steigen, Wohnen wird immer teurer. Was tut die Politik, um dem sinnvoll entgegen zu wirken?
Während Mieten und Immobilienpreise immer weiter steigen, kennt die Politik keine andere Antwort als "Bauen, Bauen, Bauen". Und auch das Hauptinstrument der Union für mehr Wohnungsneubau wirkt eher wie ein sinnloses Steuergeschenk: Selbst der CDU-Großspender und Bauunternehmer Christoph Gröner nennt die Sonderabschreibung für bezahlbaren Wohnraum (die so genannte "Sonder-Afa"), wirkungslos. "Dadurch wird keine einzige neue Wohnung mehr gebaut", sagt der Unternehmer im Interview: "Das kann man ausschließen, würde ich behaupten." So wird aus dem Instrument ein lukratives Geschenk.
Steuergeschenke für eine boomende Branche
Die "Sonder-Afa" ist eine befristete Abschreibungsmöglichkeit beim Mietwohnungsbau, faktisch also eine Subvention. Sie soll Bauherren Steuererleichterungen bringen, wenn sie bezahlbare Mietwohnungen bauen. Das Instrument hat die Union bereits in der Großen Koalition durchgesetzt. CDU und CSU wollen das Programm verlängern. Man hoffe dadurch auf eine Belebung des Wohnungsbaus, heißt es in ihrem Wahlprogramm. Die Kosten dafür liegen je nach Schätzung zwischen 450 Millionen Euro und 2,1 Milliarden Euro durch Steuermindereinnahmen.
Wahlkampfgeschenke an die CDU?
Experten, etwa vom Institut Empirica, bezweifelten schon bei der Einführung die Wirksamkeit des Instrumentes. Christoph Gröner sagt, er habe dadurch keine einzige Wohnung mehr gebaut: "Der Staat macht viele Dinge, die viel kosten und nichts bringen."
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak widerspricht: Man mache niemandem Wahlgeschenke, sagte er auf das Thema angesprochen: "Wir wollen, dass möglichst viele neue Wohnungen entstehen. Und das ist nicht eine Maßnahme, sondern das sind ganz viele Maßnahmen." Das Wohnungsbaupaket der Union aus dieser Legislaturperiode sei ein "sehr großer Erfolg" gewesen.
Dabei bekommt die CDU von der Immobilienbranche mehr Spenden als alle anderen Parteien. Allein Gröner spendete vergangenes Jahr 800.000 Euro. Der Bauunternehmer sagt, er verbinde damit keine Forderungen, er unterstütze lediglich das schwächelnde bürgerliche Lager in Berlin: "Ich würde das Gleiche für die SPD tun, wenn sie in Berlin bei fünf Prozent stehen würde. Wir brauchen eine starke Sozialdemokratie."
Bauen, Bauen, Bauen
"Ich schäme mich null komma null für Unterstützung", sagt Kai Wegner, Spitzenkandidat der Berliner CDU. Um die Wohnungskrise zu bewältigen, müssten alle Parteien an einen Tisch - auch die Immobilienwirtschaft. Käuflich wirke seine Partei dadurch nicht, meint der Spitzenkandidat. Und kündigt an, nicht nur mehr bauen zu wollen, sondern mit dem "Berliner Wohngeld" mehr einkommensschwachen Haushalten eine Mietwohnung im Zentrum zu ermöglichen. Aber auch dieses Geld würde letztendlich in die Taschen der Haus- und Wohnungseigentümer fließen.
"Bauen, Bauen, Bauen" - das ist auch die Forderung des Immobilienverbands "Haus und Grund". Konrad Adenauer, Präsident des Verbands in Rheinland-Westfalen, sagt: "Wenn das Brot knapp würde oder der Kaffee, würden wir sagen: Wir müssen mehr produzieren, mehr Brotbacken, mehr Kaffee rösten. Und wenn Gebäude fehlen, müssen wir eben mehr bauen." Das sei doch ganz klar.
"Einfamilienhaus-Verbot"
Tatsächlich wird in vielen Städten nicht nur zu wenig gebaut, sondern oft auch das Falsche. Deshalb wollen Politiker jetzt gegensteuern: "Sie können entscheiden: Weise ich Einfamilienhäuser in neuen Bebauungsplänen aus oder Geschosswohnungsbau?", erklärt Michael Werner-Boelz, Bezirksamtsleiter von Hamburg Nord. Bezirke könnten im Geschosswohnungsbau "deutlich mehr Menschen ein Dach über dem Kopf anbieten als in Einfamilienhäusern."
In Hamburg Nord werden deshalb keine Einfamilienhäuser mehr in neuen Bebauungsplänen ausgewiesen. Der Beschluss brachte den grünen Bezirksamtsleiter bundesweit in die Schlagzeilen, inklusive Shitstorm und Morddrohungen. Dabei habe er nur laut gesagt, was eine Binsenweisheit sei, so der Bezirksamtsleiter, denn alle Kommunen oder Großstädte hätten eigentlich das gleiche Problem: "Wie schaffen wir es vor dem Hintergrund der begrenzten Ressource Boden, für immer mehr Menschen Wohnraum zu schaffen?"