Lübcke-Mord: Verdächtiger kündigt neues Geständnis an
Der Verdächtige im Mordfall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke will ein neues Geständnis ablegen. Dies teilte Frank Hannig, der Verteidiger von Stephan E., mit. Gegenüber Panorama wollte Stephan E. Inhalte des Geständnisses zwar nicht offenbaren, äußerte sich aber erstmals öffentlich zu einzelnen Aspekten des Falles.
Seit mehr als fünf Monaten sitzt Stephan E. in Untersuchungshaft. Er wird verdächtigt, Lübcke auf der Terrasse seines Hauses erschossen zu haben. Nach anfänglichem Schweigen hatte der Rechtsradikale Ende Juni die Tat gestanden. Er führte die Ermittler unter anderem zum Versteck der Mordwaffe. Doch dieses Geständnis hat E. Anfang Juli widerrufen. Zwei mutmaßliche Helfer sitzen ebenfalls in U-Haft.
Anwalt geht offenbar von weiterem Täter aus
Über den genauen Inhalt des neuen Geständnisses will der Verteidiger von Stephan E., der Dresdner Rechtsanwalt Hannig, noch nichts sagen. Aber die Tendenz steht fest: "Man wird kaum davon ausgehen können, dass Herr E. gar nichts mit der Tat zu tun hat", sagt Hannig im Panorama Interview. "Das heißt, die Erwartung, er würde jetzt plötzlich sagen, er war überhaupt nirgendwo dabei, dürfte unrealistisch sein." Allerdings geht der Anwalt offenbar von einem anderen Tatgeschehen aus. Neben seinem Mandanten könnte demnach noch ein zweiter Mann am Tatort gewesen sein.
Panorama Reporter konnten nun Fragen an den mutmaßlichen Lübcke-Mörder stellen, die Stephan E. teilweise beantwortete. Wieso er überhaupt Fragen beantworten will, erklärt E. damit, dass das Bild über ihn, "das in der Öffentlichkeit aufgebaut wurde, so nicht richtig" sei. Anwalt Hannig leitete einen Fragenkatalog an den Mordverdächtigen in die Justizvollzugsanstalt Kassel I weiter. Die Antworten seines Mandanten hat Hannig protokolliert und einem Panorama Reporter übergeben. Alle Fragen zu der Tat und den Tatumständen ließ der mutmaßliche Mörder offen.
Stephan E. war bei Rede von Walter Lübcke
E. nennt ein Motiv für seine Abneigung gegen Walter Lübcke: So bestätigt er, dass er 2015 bei einer Veranstaltung mit Lübcke in Lohfelden bei Kassel anwesend war, bei der der Regierungspräsident radikale Gegner einer geplanten Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zurechtwies. E.: "Ich war empört. Ich konnte es nicht fassen, dass ein Politiker weiten Teilen der Bevölkerung nahelegt, das Land zu verlassen, weil sie anderer Meinung sind zu dieser Thematik."
Wen er als zweiten Täter womöglich in seinem neuen Geständnis benennen könnte, dazu äußert sich Stephan E. nicht. In den Antworten gegenüber Panorama geht er allerdings auf einen Namen explizit ein. So sagt er über seinen Kontakt zum Neonazi Markus H. aus Kassel: "Das war ein entscheidendes Verhängnis. "Das war ein entscheidendes Verhängnis. Er sprach viel über alte Zeiten und was man hätte besser machen können und sollen." H. soll Stephan E. die Mordwaffe vermittelt haben und befindet sich deshalb wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Mord ebenfalls in Untersuchungshaft. Jetzt sagt Stephan E. gegenüber über H.: "Er brachte die Waffen ins Spiel, er verknüpfte sie ständig mit politischen Themen. Markus hat sein Umfeld immer aufgestachelt."
Auf Anfrage von Panorama wollte sich der Verteidiger von Markus H. dazu nicht äußern. Beweise, dass Markus H. als zweiter Mann in der Mordnacht auf der Terrasse von Walter Lübcke war, sind derzeit nicht bekannt.