Stand: 26.06.2019 15:45 Uhr

Stephan E.: Zweifel an Geheim-Treffen mit "Combat 18"

Aktualisierung vom 26. Juni:

Der geständige Tatverdächtige im Mordfall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, Stephan E., war möglicherweise doch nicht im März 2019 mit Mitgliedern von "Combat 18" auf einem konspirativen Neonazi-Treffen im sächsischen Mücka. Das Magazin "Monitor", welches darüber berichtet hatte, korrigierte seine bisherige Darstellung entsprechend. Zwei vom Magazin beauftragte Gutachter sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, eine "eindeutige Bewertung" sei daher nicht möglich.

"Monitor" hatte Fotos jenes Treffens am 23. März auswerten lassen. Auf einem sei, auf Basis des ersten Gutachtens, Stephan E. zu sehen, unter anderem mit Stanley R., ein Neonazi aus Hessen, der als eine zentrale Figur von "Combat 18" (C18) in Deutschland gilt. Laut einem internen Vermerk des Landeskriminalamts Hessen soll Stanley R. möglicherweise sogar "Europa-Chef" von C18 sein. Ein zweiter Sachverständiger kam bei seiner Analyse zu dem Schluss, dass es sich bei der Person auf dem Foto nicht um Stephan E. handelt.

Laut Sicherheitsbehörden habe sich ein Mann bei den Ermittlern gemeldet, der auf den Fotos mit E. verwechselt worden sein soll. Dabei handelt es sich laut "Der Spiegel" um den 33 Jahre alten Karsten H., der zum Umfeld der Rechtsrock-Band "Oidoxie" gehören soll. Eine Teilnahme von Stephan E. an dem Treffen hätte den Aussagen des Verfassungsschutzes widersprochen, dass E. in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr so deutlich als Rechtsextremist in Erscheinung getreten sei.

Existenz von Komplizen wahrscheinlich

Panorama hatte darüber berichtet, dass mehrere mutmaßliche Mitglieder der Neonazi-Gruppe "Combat 18 Deutschland" im September 2017 ein Waffentraining in Tschechien absolviert hatten. Auf dem Rückweg nach Deutschland wurde die zwölfköpfige Gruppe von der Anti-Terror-Einheit GSG9 am Grenzübergang im bayerischen Schirnding gestoppt. In einem Auto fanden die Polizisten Munition - in einer Sporttasche und einem Toastbrotbeutel zwischen Fahrer- und Beifahrersitz, insgesamt 26 Patronen, teils auch für Sturmgewehre geeignet. Der Fahrer des Kleinbusses war Tobias V. Er gab noch vor Ort zu, dass die Munition im Toastbrotbeutel von ihm ist. Die Tasche konnte Stanley R. zugeordnet werden.

Die Sicherheitsbehörden beobachten dieses Netzwerk sehr aufmerksam, halten es für potentiell gefährlich. Sogar bei einer Lagebesprechung im Bundeskanzleramt war das Aufgreifen dieser Gruppe Thema. Panorama und STRG_F hatten den Schießstand, auf dem die Neonazis ihr Training laut Bayerischem Verfassungsschutz abgehalten haben sollen, besucht und stießen dort auf Nazi-Devotionalien. Eine Büste von Adolf Hitler und Symbolik der Waffen-SS wird dort zur Schau gestellt.


14:44 Uhr

Beide - Stephan E. und Stanley R. - haben eine gemeinsame Vergangenheit in der Neonazi-Szene und hatten zum Beispiel im Jahr 2002 gemeinsam an einer NPD-Wahlkampfveranstaltung teilgenommen.

Immer wieder Anschläge unter dem Label C18

"C18" ist ein Code für den 1. und 8. Buchstaben des Alphabets, steht also für "Kampftruppe Adolf Hitler". Die Idee des militanten Neonazi-Netzwerks stammt aus England, wo sich C18 in den 1990er-Jahren zum "bewaffneten Arm" des rechtsextremen Musik-Netzwerks "Blood & Honour" entwickelte. Hinter dem Namen "Combat 18" steht das Konzept des "führerlosen Widerstands": Gewaltbereite Neonazis sollen sich in kleinen autonomen Zellen zusammenschließen, Waffendepots anlegen und ohne Befehl aus der "Führungsriege" Terroranschläge begehen. Und tatsächlich bekannte sich C18 bereits zu zahlreichen Attacken - etwa 1999 zu einer tödlichen Anschlagsserie in England. Das Bundesinnenministerium verbot "Blood & Honour" in Deutschland im Jahr 2000. Die Verbotsverfügung umfasst aber nicht den "bewaffneten Arm" C18. In Deutschland haben gewaltbereite Neonazis immer wieder das Label "Combat 18" für Anschläge verwendet. Auch der NSU ging nach dem Konzept von C18 - "führerloser Widerstand" - vor. Seit dem Jahr 2013 ist nun "Combat 18 Deutschland" aktiv, eine Untergrundgruppe, die nicht öffentlich in Erscheinung tritt.

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