Cum-Ex: Warburg scheitert mit Klage gegen Deutsche Bank
Das Landgericht Frankfurt hat eine Schadenersatzklage der Warburg Bank gegen die Deutsche Bank abgewiesen. Warburg kann die Steuerschulden aus ihren Cum-Ex-Geschäften nicht auf diese abwälzen.
Es dauerte nur sieben Minuten, bis die Warburg Bank vor Gericht erneut eine Niederlage kassiert hat: So lange benötigte das Frankfurter Landgericht, um zu verkünden, dass es die Schadenersatz-Klage der Hamburger Privatbank gegen die Deutsche Bank abweist. Die Vertreter der Warburg Bank versuchten noch ihre Einsprüche gegen das Urteil kundzutun, wurden aber mitten im Vortrag vom Richter abgewürgt: "Dies ist ein Verkündungstermin, die Sitzung ist hiermit beendet."
Das Urteil ist wegweisend. Es geht um mehr als 167 Millionen Euro, die mit sogenannten Cum-Ex-Aktiengeschäften von der Hamburger Privatbank mutmaßlich ergaunert wurden. 2016 flog der Schwindel auf und die Staatsanwaltschaft Köln begann gegen Warburg zu ermitteln. Zudem forderten zwischenzeitlich Steuerbehörden das Geld zurück.
Warburg muss Cum-Ex-Gelder an die deutschen Steuerzahler zurückzahlen
Die Warburg Bank wollte nun die Zahlungen auf die Deutsche Bank abwälzen. Sie behauptete, nicht sie habe Schuld, sondern die Deutsche Bank - und klagte vor dem Landgericht Frankfurt auf rund 167 Millionen Euro Schadenersatz. Nach Auffassung der Warburg hätte die Deutsche Bank die fälligen Steuern bezahlen müssen, denn ein britischer Handelspartner von Warburg hatte die Cum-Ex-Geschäfte über Konten der Deutschen Bank abgewickelt. Deswegen seien der Warburg "ohne eigenes Zutun und Wissen" eine Steuerschuld entstanden.
Das Frankfurter Landgericht folgte dieser Argumentation nicht: "Die Warburg ist originäre Steuerschuldnerin und hat die Steuern daher auch im Verhältnis zur Deutschen Bank primär zu tragen." Vereinfacht: Die Warburg muss die Cum-Ex-Gelder an die deutschen Steuerzahler zurückzahlen und kann sich das nicht von der Deutschen Bank zurückholen.
Gericht zweifelt Cum-Ex-Darstellung an
Das Gericht führte weiter aus, die Deutsche Bank hätte zwar als Depotbank Steuern abführen müssen. Dies hätte sie aber neben der Warburg als Aktienkäuferin tun müssen - und es hätte nur der "Sicherung des Steueranspruchs des Staates" gedient. Eine Pflicht für die Deutsche Bank, Schadenersatz an die Warburg zu zahlen, ergebe sich daraus nicht. Das Gericht äußerte auch Zweifel an der Darstellung der Warburg, dass es keine abgesprochenen Cum-Ex-Geschäfte gegeben habe. Dies sei für das Urteil allerdings nicht relevant.
Warburg kündigt Berufung und weitere Schritte an
Die Deutsche Bank freute sich naturgemäß über das Urteil. "Es ist vollkommen richtig, dass das Gericht festgestellt hat, dass die Warburg ihre Steuerschuld nicht auf Dritte abwälzen kann", erklärte ein Sprecher. Ein Sprecher der Warburg erklärte, dass die Entscheidung nicht nachvollziehbar sei. Die Bank werde nach sorgfältiger Prüfung des schriftlichen Urteils aller Voraussicht nach Berufung einlegen. Außerdem kündigte die Privatbank an, dass sie nun auch eventuelle Ansprüche gegen weitere Beteiligte ihrer Cum-Ex-Geschäfte mit Nachdruck verfolgen wolle.
Bei Cum-Ex-Geschäften hatten sich Banken und andere Investoren vom Finanzamt Steuern erstatten lassen, die zuvor nicht bezahlt worden waren. Dazu wurden Aktien um den Stichtag herum gehandelt, an dem die Aktiendividende fällig wird. Der Schaden für die deutschen Steuerzahler soll bei schätzungsweise zehn Milliarden Euro liegen.
Warum forderte Hamburg die Cum-Ex-Gelder nicht zurück?
Auch gegenüber dem Hamburger Finanzamt hatte die Warburg Bank argumentiert, dass eigentlich nicht sie, sondern die Deutsche Bank die Steuern hätte bezahlen müssen. Das Finanzamt hatte die Argumentation 2016 übernommen, als es entschied, keine Steuererstattungen aus den Cum-Ex-Geschäften der Warburg zurückzufordern. Diese Entscheidung ist mittlerweile umstritten.
Durch das heutige Urteil in Frankfurt wird die Frage wohl lauter, warum Hamburg damals die Cum-Ex-Gelder nicht von der Warburg zurückgefordert hatte.
Mit dem Handeln des Finanzamts soll sich bald ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft auseinandersetzen. Auch der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz und der heutige Erste Bürgermeister Peter Tschentscher sollen dort Fragen zu ihrer Rolle beantworten.
Panorama und "Zeit" hatten im September enthüllt, dass Olaf Scholz den Mitinhaber der Warburg, Christian Olearius, 2016 und 2017 mehrfach in seinem Amtszimmer empfangen und über die Cum-Ex-Geschäfte der Bank gesprochen hatte. Die Entscheidung, keine Steuern zurückzufordern, fiel in der Hamburger Finanzbehörde, die damals von Peter Tschentscher geleitet wurde.
Bereits im ersten Strafprozess gegen zwei Cum-Ex-Händler war die Warburg Bank im März 2020 vom Bonner Landgericht dazu verurteilt worden, 176 Millionen Euro an die Steuerkasse zurückzuzahlen. Die Warburg hat Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegt.