Zuckerersatz: Wie gut sind Xylit, Stevia, Erythrit?
Auf der Suche nach süßen, kalorienarmen Alternativen zu Haushaltszucker bieten sich verschiedene Ersatzstoffe wie Xylit, Erythrit oder Stevia an. Welche Vorteile und Nachteile haben Zuckerersatz- und Süßstoffe?
Die Gefahren durch zu hohen Zuckerkonsum sind bekannt. Immer mehr Menschen suchen deshalb Alternativen. Doch die Vielfalt an Süßungsmitteln ist mittlerweile verwirrend.
Haushaltszucker besteht aus Glukose und Fruktose
Allein normaler Haushaltszucker hat viele Namen: Rübenzucker, Rohrzucker, Rohzucker, Saccharose oder Sucrose. Chemisch gesehen bezeichnet all das aber mehr oder weniger das gleiche: nämlich eine Substanz aus den beiden süßen Grundbausteinen Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker). Glukose ist das Molekül, das als Blutzucker in unseren Adern kursiert und unseren Zellen Energie spendet. Sie steckt, ebenso wie Fruktose, in Früchten und anderen Pflanzen.
Agavendicksaft, Ahornsirup, Honig, Birnenkraut oder Apfelsüße klingen zwar wie gesunde Süßungsalternativen - bestehen zum überwiegenden Teil aber letztlich aus Zucker. Sie bringen lediglich mehr Mineralstoffe mit. Gegenüber dem hohen Zuckergehalt ist der Vitaminanteil dieser eher teuren Süßungsmittel verschwindend gering. Immerhin punkten sie geschmacklich.
"Normale" Zuckerarten enden auf -ose
In Fertigprodukten haben Süßungsmittel oft seltsame Namen. Grundsätzlich verbergen sich Zuckerarten hinter allen Stoffen, die auf -ose enden: Laktose (Milchzucker), Maltose (Malzzucker), Isoglukose und Co. Flüssiger Zucker heißt meistens Sirup, Maissirup oder beispielsweise Glukose-Fruktose-Sirup. Im Körper werden alle diese Verbindungen wiederum in die Grundbausteine Glukose und Fruktose zerlegt.
Zuckerersatz: Es gibt zwei Gruppen
Wenig Kalorien und keinen Einfluss auf den Blutzucker: Das versprechen Zuckerersatzprodukte. Bei diesen gibt es im Prinzip zwei Gruppen: Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe im engeren Sinne. Alle diese Ersatzstoffe tragen E-Nummern, denn sie gehören zu den Lebensmittel-Zusatzstoffen, die in der EU vor ihrer Zulassung auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft werden und dem Verbraucher Vorteile bringen müssen.
Zuckeraustauschstoffe: Xylit und andere süße Stoffe auf -it
Zu den Zuckeraustauschstoffen gehören
- Xylit (E 967)
- Erythrit (E 968)
- Sorbit (E 420)
- Mannit (E 421)
- Isomalt (E 953)
- Maltit (E 965)
- Lactit (E 966).
Sie sind ganz anders aufgebaut als der "echte Zucker", chemisch gesehen handelt es sich um sogenannte Zuckeralkohole.
Vorteile: Zuckeralkohole werden ohne Insulin verstoffwechselt, verursachen also keinen relevanten Blutzuckeranstieg. Sie haben deutlich weniger Kalorien als Zucker und sind nicht kariogen, fördern also keine Karies. Produkte, die mit Zuckeralkoholen gesüßt sind, dürfen laut Gesetz als "zuckerfrei" bezeichnet werden. Xylit und Maltit haben die gleiche Süßkraft wie Haushaltszucker, die anderen Zuckeraustauschstoffe süßen ungefähr halb so stark.
Nachteile: Bei einem Konsum von mehr als 20 bis 30 Gramm pro Tag können Zuckeraustauschstoffe Durchfall verursachen. Produkte mit Zuckeralkoholen müssen deshalb den Hinweis "kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken" tragen. Schon bei Mengen von 10 bis 20 Gramm auf einmal können Blähungen und Durchfälle auftreten. Unverträglichkeiten kommen häufiger vor, und Menschen mit Reizdarm reagieren selbst auf kleinste Mengen empfindlich. Weitere unerwünschte Wirkungen von Zuckeraustauschstoffen sind aktuell Gegenstand eingehender Forschung. Neuere Studien deuten zudem darauf hin, dass der Verzehr von Erythrit und Xylit bei Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen das Herz-Kreislauf-Risiko eher erhöht, anstatt einen gesundheitsfördernden Beitrag zu leisten.
Xylit: Gefahren beim Verzehr von Birkenzucker
Der Zuckeralkohol Xylit ähnelt üblichem Zucker in Aussehen und Konsistenz. Xylit steckt seit Langem in vielen zuckerfreien Kaugummis. Es süßt ähnlich stark wie Zucker, enthält aber nur etwa 50 Prozent der Kalorien. Ausgangsstoffe sind Reste von Birkenholz ("Birkenzucker"), anderen Hölzern, von Maiskolben oder auch Stroh. In einem komplexen Verfahren gewinnt die Industrie daraus den Süßstoff.
Wegen seiner abführenden Wirkung muss auf Produkten, die mehr als zehn Prozent Xylit enthalten, ein entsprechender Hinweis stehen. Achtung: Für Hunde können schon wenige Gramm Xylit tödlich sein! Menschen mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko sollten laut einer 2024 veröffentlichten Studie mit Xylit besser sparsam umgehen: Bei Probanden mit hohen Konzentrationen dieses Zuckeraustauschstoffs im Blut kam es deutlich häufiger zu Schlaganfällen oder Herzinfarkten. Xylit scheint die Reaktivität von Thrombozyten zu erhöhen und somit die Bildung von Blutgerinnseln zu fördern.
Erythrit: Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankte
Käse und Früchte wie Weintrauben, Birnen und Melonen enthalten natürliches Erythrit. Industriell wird der Zuckeralkohol meist durch Gärung aus Mais gewonnen. Erythrit ist mit nur 20 Kilokalorien pro 100 Gramm ein Kalorienzwerg, unterscheidet sich optisch und in der Konsistenz kaum vom herkömmlichen Zucker, süßt aber nur halb so stark. Studien zufolge löst es seltener Durchfall und Blähungen aus als andere Zuckeralkohole. Eine Studie aus dem Jahr 2023 zeigte, dass Erythrit in Laborversuchen einen Einfluss auf die Blutplättchen hatte und das Thromboserisiko erhöhte.
Sorbit: Vorsicht mit der Menge - vor allem bei Fruktose-Unverträglichkeit
Auch Sorbit zählt zu den Zuckeralkoholen. Das weiße Pulver wird unter Einsatz von Enzymen aus Weizen- oder Maisstärke hergestellt. Sorbit enthält zwar nur rund 60 Prozent der Kalorien von Zucker, süßt allerdings auch nur halb so stark. Deshalb nimmt man am Ende oft mehr, sodass der Effekt "Kalorien sparen" selten hinkommt. Die Nahrungsmittel-Industrie setzt Sorbit auch als Feuchthaltemittel ein. In der Natur kommt es unter anderem in den Früchten der Eberesche, in Äpfeln, Birnen und Pflaumen sowie - aber nur in Spuren - in einigen weiteren Obst- und Gemüsesorten vor. Wer Fruktose nicht verträgt, muss häufig auch mit Sorbit aufpassen.
Süßstoffe im engeren Sinne
Neben den Zuckeraustauschstoffen stehen derzeit zehn in der EU zugelassene Substanzen, nämlich die "künstlichen" Süßstoffe und Süßstoff auf Stevia-Basis.
- Acesulfam K (E 950)
- Aspartam (E 951)
- Aspartam-Acesulfam-Salz (E 952)
- Cyclamat (E 952)
- Saccarin (E 954)
- Sucralose (E 955)
- Thaumatin (E 957)
- Neohesperidin DC (E 959)
- Stevia (Steviolglykosid) (E 960)
- Neotam (E961).
Vorteile: Süßstoffe sind nicht kariogen und führen nicht zur Insulinausschüttung. Sie werden nicht wie Nahrungsmittel verstoffwechselt, sondern quasi unverändert wieder ausgeschieden. So liefern sie keine relevanten Kalorien. Selbst wenn Süßstoffe Energie enthalten (Aspartam und Thaumatin beispielsweise), kommt aufgrund ihrer enorm hohen Süßkraft so wenig davon zum Einsatz, dass die Kalorien zu vernachlässigen sind.
Nachteile: Produkte mit Aspartam müssen den Hinweis tragen "enthält eine Phenylalaninquelle", denn Menschen mit der seltenen erblichen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie müssen eine strenge Diät einhalten und dürfen diese Produkte nicht zu sich nehmen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Aspartam im Juli 2023 als "möglicherweise krebserregend für den Menschen" eingestuft, ein moderater Verzehr sei aber weiter unbedenklich. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) empfiehlt seit 2019, Sucralose-haltige Lebensmittel nicht auf Temperaturen zu erhitzen, wie sie beim Backen, Frittieren und Braten entstehen, weil dabei möglicherweise gesundheitsschädliche Stoffe entstehen.
Stevia - Süßstoff "aus den Tropen"
Stevia ist seit 2011 als Süßungsmittel in der Europäischen Union zugelassen. Es wird aus der gleichnamigen Pflanze gewonnen, die in tropischen und subtropischen Regionen Südamerikas wächst. Ein Naturprodukt ist Stevia jedoch ganz und gar nicht. Der Rohstoff wird intensiv behandelt, um daraus den Süßstoff Steviolglykosid zu gewinnen. Steviolglykosid ist süßer als Zucker, enthält jedoch nahezu keine Kalorien und wirkt sich kaum auf den Blutzucker aus. Aber: Es hat einen metallischen, lakritzartigen, leicht bitteren Beigeschmack - besonders bei hoher Dosierung. Zum Backen eignet es sich wegen des geringen Volumens nicht so gut.
Es gibt noch wenig Erkenntnisse zu Langzeitwirkungen von Stevia. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigte 2021 in einem Gutachten die Sicherheit von Steviolglykosiden, solange die Höchstverzehrmengen eingehalten werden. Aber die Verbraucherzentrale warnt vor Überdosierung, die etwa durch den Konsum von steviagesüßten Erfrischungsgetränken leicht passieren könne.
Krebs oder andere Risiken: Schaden die Ersatzstoffe der Gesundheit?
Süßungsmittel einer Gruppe haben teilweise ähnliche Eigenschaften, doch die Wirkungen im Körper können von Stoff zu Stoff erheblich variieren. Bislang sind nur wenige Daten untersucht. Daher gelten Zuckerersatzprodukte unter Ernährungswissenschaftlern insgesamt noch als "Black Boxes": Das heißt, man weiß wenig darüber, welche Effekte die Stoffe im menschlichen Organismus auslösen können, insbesondere langfristig, bei regelmäßigem Konsum. Die WHO rät deshalb davon ab, zuckerfreie Süßstoffe als Mittel zur Gewichtskontrolle einzusetzen.
Zucker-Alternativen sind zum Abnehmen eher nicht geeignet
Aktuelle Forschungen zeigen, dass der Körper bezüglich des Hunger- und Sättigungsgefühls unterschiedlich auf verschiedene Zuckerersatzstoffe reagieren kann. Insgesamt scheint es aber so zu sein, dass die durch Süßstoffe eingesparte Kalorienmenge meist im Anschluss durch andere Nahrungsmittel wieder ausgeglichen wird: Wer Süßstoffe statt Zucker verwendet, nimmt daher in der Regel nicht ab.
Hinweise auf Veränderungen der Darmflora
In mehreren Tierstudien und auch in einer Studie an Menschen gibt es Hinweise, dass einzelne Süßstoffe das Darmmikrobiom verändern und den Glukose-Insulin-Stoffwechsel doch beeinflussen. Für konkrete Empfehlungen ist die Datenlage jedoch noch nicht ausreichend. Dennoch empfehlen einige Forscher, beim Konsum von Süßstoffen Vorsicht walten zu lassen. Süßstoffe sind chemische Substanzen, die zufällig im Labor gefunden wurden und die süß schmecken. Aber aus evolutionärer Sicht ist der Organismus nicht an die Aufnahme dieser Substanzen gewöhnt.
Besser weniger süß essen
Bei allen zugelassenen Ersatzstoffen gilt: Es gibt derzeit keine Belege für Giftigkeit oder akute Gesundheitsrisiken, wenn sie in üblichen Mengen verzehrt werden. Dennoch kommt das Bundeszentrum für Ernährung zu der Einschätzung: "Besser ist es, seine Ernährungsgewohnheiten insgesamt zu überdenken und generell möglichst wenig zu süßen."
Statt auf Zuckeraustauschstoffe zu bauen, ist es sinnvoller, auf Lebensmittel mit natürlicher Süße setzen und weniger gesüßte Produkte zu konsumieren. Denn auch wenn Zuckerersatzstoffe den Blutzucker nicht ansteigen lassen, können sie die Lust auf Süßes befeuern - und machen dadurch nur noch anfälliger für süße Verlockungen.
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