"Unheimlicher Moment": Orcas stoppen zwei Boote beim Ocean Race
Eine Gruppe von Orcas hat auf der Schlussetappe des Ocean Race gleich zwei Boote zu einem Stopp gezwungen. Die Begegnungen der Yachten aus der VO65-Klasse verliefen glimpflich. Team Malizia und ihre Imoca-Kontrahenten blieben verschont, aber 11th Hour Racing muss noch die Gefahrenzone passieren.
"Vor 20 Minuten sind wir von ein paar Orcas getroffen worden. Drei Orcas kamen direkt auf uns zu und haben angefangen, unsere Ruder anzugreifen", berichtete Skipper Jelmer van Beek vom Team JAJO aus der VO65-Klasse am Donnerstag. "Orcas sind beeindruckende und wunderbare Tiere, aber es war ein unheimlicher Moment für unser Team."
Van Beek und seine Crew, die die Begegnung im Video festhielten, reagierten aber offenbar genau richtig: "Wir haben die Segel eingeholt und gebremst. Glücklicherweise haben die Orcas nach einigen Attacken abgedreht", sagte der Niederländer und fügte hinzu: "Das war ein gruseliger Moment."
Orca-Begegnungen "kurz, freundlich, aber angsteinflößend"
Die Gefahr war allen Beteiligten schon vor dem Start der Etappe von Den Haag nach Genua bekannt. Vor der Einfahrt durch die Straße von Gibraltar zwischen dem spanischen Cádiz und dem marokkanischen Tanger ist es zuletzt immer wieder zu Orca-Angriffen auf Segelschiffe gekommen. Einige Male wurden dabei die Boote manövrierunfähig gemacht, drei Schiffe sind laut einer Mitteilung der Rennorganisatoren sogar gesunken. 20 Fälle soll es allein im vergangenen Mai gegeben haben.
Insgesamt haben Experten in zwei Jahren 500 Attacken von Schwertwalen festgehalten. Dabei sind die Vorfälle längst nicht nur auf die Straße von Gibraltar beschränkt. Anfang der Woche wurde gemeldet, dass ein Orca vor den Shetlandinseln ein Boot attackiert habe. Es war der erste solche Vorfall in nördlichen Gewässern.
Warum greifen Orcas Boote an?
Warum sich die Orcas vor der Straße von Gibraltar aufhalten, ist bekannt. Ihre Leibspeise Blauflossen-Thunfisch kommt im Frühling zum Laichen ins Mittelmeer. Warum allerdings neuerdings die Boote angegriffen werden, ist Gegenstand diverser Spekulationen. "Wissenschaftler versuchen noch, dieses neue Verhalten zu verstehen", hieß es in der Mitteilung weiter. Und weiter: "Zum Glück für die Boote des Ocean Race waren die Begegnungen mit den Orcas kurz und freundlich, trotzdem zweifellos beängstigend. Aber es gab keine Schäden - weder für die Menschen und Boote noch für die Tiere."
Einige Tierschützer vermuten hinter den Attacken lediglich den Spieltrieb der Tiere. Andere gehen von negativen Erlebnissen mit Booten aus, die die Schwertwale aggressiv gemacht haben.
11th Hour Racing segelt genau aufs Gefahrengebiet zu
Kurz nach den Yachten der VO65-Klasse passierten auch die Crews von Malizia, Biotherm und Holcim die Straße von Gribraltar. Sie blieben anders als JAJO und Mirpuri Trifork Racing von Orca-Attacken verschont. Aber die Gefahr ist noch nicht gebannt. Denn das 11th Hour Racing Team, das sich nach der Kollision mit Guyot vor Den Haag mit einiger Verspätung auf den Seeweg nach Genua gemacht hatte, segelt gerade an der Küste Portugals gen Süden. Und das Gefahrengebiet liegt damit direkt vor dem amerikanischen Team.
Bei JAJO ist hingegen wieder der Ocean-Race-Alltag eingekehrt. "Wir sind wieder im vollen Rennmodus, nachdem wir gestern die nicht geplante Begegnung mit der Wildnis hatten", teilte das Team am Freitagmorgen mit.