Prozess gegen Zverev: Heftige gegenseitige Beschuldigungen
Bei den French Open in Paris spielt Alexander Zverev aktuell um seinen ersten Grand-Slam-Titel, in Berlin hat am Freitag parallel der Prozess gegen den Tennisstar aus Hamburg wegen des Vorwurfs der Körperverletzung begonnen.
Am ersten Prozesstag wies Zverevs Verteidiger Alfred Dierlamm die Anschuldigungen zurück und bezeichnete sie als frei erfunden. Der Anwalt der Ex-Freundin sprach dagegen von Drohungen.
Die Anzeige der ehemaligen Freundin etwa eineinhalb Jahre nach dem angeblichen Vorfall im Mai 2020 stehe in engem Zusammenhang mit einem Streit um Sorgerecht und Unterhalt für die gemeinsame Tochter, sagte Dierlamm am Freitag im Amtsgericht Berlin-Tiergarten.
Sie habe so ihre Forderungen durchsetzen wollen. Der Verteidiger sagte, Fotos, Videos und Zeugenaussagen aus den Tagen nach dem angeblichen Angriff Zveres auf sie mit kurzzeitigem Würgen würden eindeutig belegen, dass keine Verletzungen sichtbar gewesen seien und das Paar sich bestens verstanden habe und gut gelaunt mit ihrer Mutter in Hamburg essen ging. "Es gab keinerlei Anzeichen von Disharmonie und Streit und keine Würgemale, und das zwei Tage nach dem angeblichen Vorfall."
Die Verteidiger kündigten weitere Gutachter an - darunter einen Rechtsmediziner, der zu angeblichen Verletzungen befragt werden soll sowie eine Expertin, die sich mit einem vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Zeugin befasst habe.
Anwalt der Ex-Freundin sieht sie unter Druck gesetzt
Michael Nitschke, der Anwalt der früheren Freundin des deutschen Tennisprofis, sieht seine Mandantin unterdessen unter Druck gesetzt. Die Verteidigung von Zverev wolle sie "zermürben, ruinieren und psychologisch Druck ausüben".
Die Frau tritt in dem Prozess als Nebenklägerin und Zeugin auf. Zur ursprünglich geplanten Vernehmung kam es am Freitag noch nicht, weil die Verteidigung den Ausschluss der Öffentlichkeit während ihrer Vernehmung beantragt hatte. Dies sei insbesondere zum Schutz der gemeinsamen Tochter des einstigen Paares erforderlich, erklärten die Anwälte. Die Entscheidung darüber wird am nächsten Prozesstag am Montag bekanntgegeben.
An die Wand gedrückt und gewürgt?
Die Verteidigung Zverevs hatte angekündigt, dass sie beantragen wolle, die Ex-Freundin unter Eid aussagen zu lassen, weil sie die Anschuldigungen für erfunden halte. Ihre bisherigen Angaben zu den Vorwürfen seien "widersprüchlich in sich und zu anderen Beweismitteln", sagte Dierlamm.
Nitschke konterte: "Die drohen ihr. (...) Es ist das Ziel, ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern." Er betonte, der Vorwurf, es gehe ihr nur um Geld, stimme nicht. "Sie fühlte sich verlassen, sie wollte Gerechtigkeit." Das Vorgehen der Verteidigung, lauter Gutachter auszufahren, sei nicht seriös, es überrasche ihn aber nicht.
Laut Anklage, die sich auf die Aussagen der Ex-Freundin stützt, soll Zverev sie im Mai 2020 nachts im Flur ihrer gemieteten Airbnb-Wohnung in Berlin bei einem Streit an die Wand gedrückt und gewürgt haben. Sie habe anschließend unter Atemnot gelitten und heftige Schmerzen gehabt, sagte der Staatsanwalt. Schmerzen und Schluckbeschwerden hätten mehrere Tage angehalten.
Zverev-Einspruch gegen 450.000-Euro-Strafbefehl
Ein sogenannter Strafbefehl war ohne Prozess gegen Zverev verhängt worden, wonach er eine Geldstrafe von 450.000 Euro (90 Tagessätze zu je 5.000 Euro) wegen Körperverletzung zahlen sollte. Dagegen legte er Einspruch ein. Deshalb kommt es nun zum Prozess vor dem Amtsgericht. Bis zum 19. Juli sind zehn Verhandlungstage angesetzt. Zverev, der derzeit bei den French Open seinen ersten Grand-Slam-Titel gewinnen will, muss selbst nicht vor Gericht erscheinen.