Boris Herrmann im "Big Apple": Rang zwei bei Transat soll nur der Anfang sein
Boris Herrmann ist nach seinem zweiten Platz beim Transatlantik-Rennen Transat CIC offenbar bestens gerüstet für die am 10. November beginnende Vendée Globe. Der Hamburger Segler ließ sich auf dem Weg von Frankreich in die USA auch nicht von einem Riss des Großsegels auf seiner Malizia - Seaexplorer aus der Ruhe bringen. Der Lohn für strapaziöse acht Tage war eine wunderschöne Ankunft in New York.
Über zwölf Stunden nach der Überquerung der virtuellen Ziellinie rund 110 Seemeilen vor New York war die Stadt, die angeblich niemals schläft, für Boris Herrmann endlich in Sichtweite. Keine einzige Wolke verdeckte die Skylinie des ebenso abschreckenden wie faszinierenden Molochs. Bei herrlichem Sonnenschein näherte sich der Skipper mit seinem Boot, auf dem sich inzwischen auch einige Teammitglieder befanden, Manhattan.
Am bisher wärmsten Tag des Jahres in New York ging es im Schneckentempo in Richtung Freiheitsstatue. Denn nach acht überwiegend rauen Tagen auf See verschonte das Wetter die Teilnehmer der Transat CIC vor ihrer Ankunft in den USA mit weiteren Kapriolen. Die Vorbeifahrt an der Freiheitsstaue, an der sich unzählige Schaulustige versammelt hatte, konnten Herrmann und Co. so ungestört an Deck genießen, bevor sie schließlich mit ihren Imocas am Ehrenponton in der One 15° Marina festmachten.
"Habe mich großartig bei diesem Rennen gefühlt"
Dort gab es für den Hamburger erst einmal einen edlen Tropfen - genau genommen vergoss der 42-Jährige diesen. Denn zum Trinken blieb nicht mehr viel überig vom teuren Champagner, den er noch auf seiner Malizia - Seaexplorer öffnete und damit seine Teammitglieder bespritzte, die auf ihn im Hafen gewartet hatten. "Ich habe mich großartig bei diesem Rennen gefühlt", jubelte der gebütige Oldenburger. Mit Rang zwei feierte er den größten Erfolg seiner Profikarriere als Solist.
Acht Tage, neun Stunden, 14 Minuten und 31 Sekunden hatte der fünfmalige Weltumsegler gebraucht, um nach 3.251 Seemeilen die Wegpunkte vor New York zu erreichen. Nur der Franzose Yoann Richomme war mit seiner Paprec Arkéa noch knapp zweieinhalb Stunden schneller und holte sich den Sieg bei dem Segelklassiker. Herrmann war ihm bis zuletzt auf den Fersen geblieben. Dann bremste am letzten Tag eine Flaute seine Aufholjagd.
Hamburger freut sich auf einige Tage im "Big Apple"
Das tat der Freude des Hamburgers aber keinen Abbruch. "Ich habe dieses Rennen einfach genossen - auch die vielen Momente der nordischen Atmosphäre mit den kurzen Nächten, Lichtern und der Kälte", sagte er und kündigte an, mit einigen der anwesenden Teammitglieder ein wenig um die Häuser ziehen zu wollen.
Der 42-Jährige konnte dabei als Stadtführer fungieren. Denn immer wieder hatte es ihn in der Vergangenheit nach New York verschlagen. "Ich habe hier viel Zeit verbracht und irgendwann kannte ich die Stadt besser als Hamburg", erklärte Herrmann.
Zuletzt war er 2019 nach einer gemeinsamen Atlantiküberquerung mit der Umweltaktivistin Greta Thunberg per Boot am Big Apple angekommen. Auch mit Giovanni Soldini, seinem italienischen Lehrmeister, hatte der gebürtige Oldenburger früher viel Zeit auf dem Wasser vor der US-Metropole verbracht. "Ich möchte zu den Orten, die ich kenne, und sehen, wie und ob sie sich verändert haben", sagte er nach seiner Ankunft in seiner "zweiten Heimat".
Herrmann startet Ende Mai bei der New York Vendee
Nach einigen Tagen in New York wird Herrmann zunächst zu einer Familie nach Hamburg zurückkehren, bevor er am 29. Mai bei der New York Vendee, der Rückregatta nach Europa, an den Start geht. Sie führt ihn dann über 3.500 Seemeilen wieder ins französische Les Sables-d'Olonne. "Während der ersten paar Tage unter den schwierigen Bedingungen und als das Großsegel riss, dachte ich: 'Möchte ich das Rennen zurück wirklich machen?' Jetzt bin ich aber richtig gespannt. Das Ergebnis dieses ersten Rennens gibt mir zusätzliche Motivation, es noch einmal zu bestätigen", so Herrmann.
"Die Malizia ist bereit für die Vendée Globe"
Seine vor der Transat CIC mit neuen Tragflächen ausgestattete Imoca-Rennyacht hat sich einmal mehr bewährt. "Ich habe mich auf dem Boot wirklich wohl gefühlt. Ich habe den Flow gefunden und alles lief gut. Das Boot war gut vorbereitet, und abgesehen von dem Riss im Großsegel, einigen gelösten Antennenschrauben und ein paar Dingen hier und da scheint die Malizia - Seaexplorer in einem großartigen Zustand zu sein", freute sich Herrmann. "Die Malizia ist bereit für die Vendée Globe!"
Die am 10. November beginnende Non-Stop-Soloregatta rund um den Globus ist für den 42-Jährigen ein Karrierehöhepunkt - und das große Ziel nach Jahren der Vorbereitung. Nach Rang fünf bei seiner ersten Teilnahme 2021 erhofft sich der Hamburger nun eine noch bessere Platzierung. Sollte die eigens für diese fordernde Weltumseglung konzipierte Malizia erneut so zuverlässig sein wie jetzt bei der Transat, könnte Herrmann vielleicht sogar Geschichte schreiben und als erster Nicht-Franzose die Vendée Globe gewinnen.