THW Kiel: Duvnjak und Bellahcene sorgen für Erleichterung bei Jicha
Handball-Rekordmeister THW Kiel hat gegen die Füchse Berlin eine seiner besten Saisonleistungen gezeigt. Altmeister Domagoj Duvnjak und Torhüter Samir Bellahcene überragten und sorgten bei Trainer Filip Jicha für Erleichterung, der nach dem schwachen Saisonstart unter Druck geraten war.
Rastlos tigerte Jicha in den letzten Sekunden an seiner Trainerbank hin und her. Dann entlud sich die Spannung und die Erlösung wurde nahezu greifbar. Mit 30:26 (14:10) hatte sein Team am Sonntag das Spitzenspiel gegen die in der Bundesliga bis dahin ungeschlagenen Füchse gewonnen - und ein wenig Wiedergutmachung für die Schmach der 18:27-Pleite in der Champions League gegen Aalborg drei Tage zuvor betrieben.
Kiel erhält letzte Chance auf Meisterschaft
Zwischen Hölle und Himmel lagen also knapp 72 Stunden - ein gutes Abbild der bisher so wankelmütigen Saison der "Zebras". Nach dem dominanten Sieg am Sonntag jedenfalls tanzten die Handballer des THW voller Freude über das Feld. Mit jetzt 16:10 Punkten wahrte der Rekordmeister und Titelverteidiger seine wohl letzte Chance, noch in den Titelkampf einzugreifen.
Der Hauptstadtclub hingegen musste mit der ersten Niederlage in der Liga auch die Tabellenführung an Magdeburg abtreten. Beide Clubs stehen mit 21:3 Punkten bei einer Partie weniger sieben Minuszähler vor dem THW.
Rückbesinnung auf die eigene Identität
Wichtiger als der Blick auf die aktuelle Tabelle war für die "Zebras" nach dem schlechtesten Saisonstart seit 21 Jahren - "gekrönt" vom Aalborg-Debakel und dem verbalen Rundumschlag von Hendrik Pekeler in der vergangenen Woche - aber die starke Reaktion. Eine Reaktion, die vor allem auf einer (Rück-)Besinnung auf die eigene Identität fußte: auf einer stabilen Abwehr, einer zielstrebigen und gnadenlosen Offensive, kurzum einer Dominanz, die die Schleswig-Holsteiner seit Jahren zu einer der nationalen wie internationalen Top-Adressen im Handball macht.
Gäste-Coach Jaron Siewert unterstrich genau das: "Wir kamen in der ersten Halbzeit nicht in unser Angriffsspiel, weil Kiel eine sehr robuste und physische Abwehr gestellt hat und uns dadurch viele unserer Waffen geraubt hat."
"Meine Jungs haben eine enorme Arbeitslaune gezeigt." THW-Coach Filip Jicha
Umso erleichterter zeigte sich sein Pendant Jicha, der nach den schwankenden Leistungen zunehmend unter Druck geraten war, nach der Partie: "Meine Jungs haben heute eine enorme Arbeitslaune gezeigt, waren fleißig, waren aggressiv. Wir haben die Phasen mit guter Qualität und gegen die Berliner Angriffe abgearbeitet." Besonders freute ihn "die Reaktion auf die Phasen, in denen es nicht so lief".
Denn die gab es, beispielsweise direkt nach Wiederanpfiff, als die Füchse mit einem schnellen 2:0-Lauf binnen 40 Sekunden die Kieler Vier-Tore-Führung halbierten. Doch die Jicha-Schützlinge hielten nicht nur körperlich dagegen, sondern auch mental, als die Berliner Mitte des zweiten Durchgangs mehrfach kurz vor dem Ausgleich standen.
Duvnjak überragt gegen Berlin
Und so betonte Torhüter Tomas Mrkva nach der Schlusssirene: "Wir Spieler, unser Trainerteam, die Mitarbeiter und die unglaublichen Fans haben heute zusammen die Punkte geholt. Nur so kann es in dieser Phase gehen."
Einer, der seit Jahren dafür steht und am Sonntag voranging, war Kapitän Duvnjak. Der Kroate war der überragende Akteur, erzielte vor den 10.285 Zuschauern in der ausverkauften Kieler Arena nicht nur neun Treffer im Angriff, sondern war auch in der Abwehr der entscheidende Mann. "Wir waren von der ersten Sekunde da", freute sich der 35-Jährige über eine starke Leistung der gesamten Mannschaft.
Jichas gute Entscheidungen
Sein Trainer adelte ihn nach der Partie: "Er ist ein Mann, den wir unglaublich brauchen. Nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch außerhalb. Er strahlt die THW-DNA aus." Jicha selbst hatte einen gehörigen Anteil am Erfolg. Er hatte in der Startformation auf Elias Ellefsen á Skipagötu und Nikola Bilyk verzichtet. Dafür spielten Duvnjak und Eric Johansson von Beginn an.
Ein Schachzug, der ebenso aufging wie die Einwechslung von Torhüter Bellahcene für Mrkva im Verlauf des zweiten Durchgangs. Der Franzose wurde neben Duvnjak für die "Zebras" zum zweiten Matchwinner. Mit einer Serie starker Paraden entnervte er die Berliner, als diese mehrfach kurz vor dem Ausgleich standen.
Mittwoch Revanche gegen Aalborg?
Und so konnte der zuvor rastlose Jicha mit großer Erleichterung ein wenig zur Ruhe kommen, auch wenn er den Blick nach dem Kraftakt sogleich wieder nach vorne richtete: "Wir müssen aufstehen, meinen Jungs wird alles weh tun. Aber so muss das sein, und dann starten wir wieder die Jagd nach mehr Konstanz."
Die wird es - gerade nach der bitteren Erfahrung der vergangenen Woche - besonders gegen Aalborg brauchen.